Kirche beteiligt sich an Protesten gegen "Identitäre"
20. Juli: Für die Demokratie auf die Straße gehen

Am 20. Juli – dem 75. Jahrestag des gescheiterten Attentats auf Hitler – wird es in Halle ein Demokratie-Fest geben. Ein breites Bündnis aus Stadtrat und Oberbürgermeister, Universität, Menschenrechtsorganisationen, Parteien, Einwohnerinitiativen und „Halle gegen Rechts“ mit dem evangelischen Kirchenkreis ruft dazu auf. Sie alle wollen deutlich machen, dass in der Stadt kein Platz für völkische, antisemitische, neofaschistische und die sogenannte Identitäre Bewegungen (IB) ist. Eine „Verteidigung Europas“, wie diese als rechtsextrem eingestufte Gruppe sagt, ist nach Überzeugung des Bündnisses so nicht möglich. Im Gegenteil: Ein Beharren auf deutschtümelnden, nationalistischen Ideologien schüre Ängste und zerstöre Mitmenschlichkeit. "Das muss und kann verhindert werden", sagt Peter Kube. Als Pfarrer im Wartestand unterstützt er den Kirchenkreis Halle-Saalkreis und kümmert sich als Seelsorger um Migranten sowie um Ehrenamtliche, die sich seit Jahren in Initiativen wie dem Café Amal oder dem Welcome-Treff für geflüchtete Menschen engagieren.
Am 20. Juli, wenn die "Identitäre Bewegung" zu einer Kundgebung am Hauptbahnhof und einem Fest in ihrem Schulungszentrum in der Nähe des Steintor-Campus aufruft, sollen auf dem Campus, auf Wegen und Plätzen viele spielerische, unterhaltsame, anschauliche Aktionen für friedlichen, aber deutlichen Protest sorgen. „Für eine Solidarität ohne Grenzen“ – so überschreibt das Bündnis sein Fest für Demokratie und Vielfalt. Begegnung auf Augenhöhe bei gemeinsamem Spielen, Reden, Mitdenken, Musikhören und sogar Kochen sollen möglich sein.
Der Pfarrer findet, man dürfe den Tag nicht auf eine Auseinandersetzung zwischen links und rechts reduzieren. "Die Debatte um Identität und Heimat und auch die Lehren aus dem 20. Juli gehen uns alle an", sagt der Theologe, der dies auch immer wieder in seiner täglichen Arbeit mit Migranten und Ehrenamtlichen spürt. Kube ist Realist genug, um zu wissen, wie Erwartung und Wirklichkeit auf beiden Seiten aufeinanderprallen. Den biblisch beschriebenen Ursprung des christlichen Glaubens erkennt er auch als Migrationsgeschichte. "Ich bin der Herr, dein Gott, der dich aus Ägyptenland geführt hat, aus der Knechtschaft", zitiert Kube aus dem 5. Buch Mose.
Heimat und Identität dürften nicht der Definition rechtskonservativer und -radikaler Bewegungen überlassen werden. "Wenn wir ihnen diese Räume überlassen, werden sie sie ausbauen", so Kube. Unsere Welt werde zwar unübersichtlicher, aber Menschen verlieren dadurch nicht ihre Identität, sondern können sie gestalten. "Ein Europa der Vaterländer, wie es die Identitären fordern, verwechselt Verantwortung mit Angst", so Kube.
Deshalb sei es wichtig, mehr Aufmerksamkeit auf die zeitgeschichtliche Einordnung der vielfältigen Motive der Beteiligten, Mitwisser und Fluchthelfer des 20. Juli 1944 zu verwenden. „Wir müssen ihren Mut und ihre Größe und ihre teilweise beschränkte Sicht erkennen." Auch die Männer um Claus Schenk Graf von Stauffenberg eigneten sich nur bedingt als Vorbilder für heute. "Wir erweisen Männern wie Stauffenberg ein ehrendes Gedenken, wenn wir sie nicht auf den Sockel heben, sondern uns kritisch auseinandersetzen", so Kube.
Katja Schmidtke

Autor:

Online-Redaktion

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