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Telefonseelsorge in Ostthüringen jetzt in Trägerschaft der Diakonie

Von Doris Weilandt

Für viele ist Weihnachten ein Fest der Freude, für einen zunehmenden Kreis von Menschen ein Fest, das Angst macht – Angst, vor dem Alleinsein, vor dem Gefühl der Verlassenheit. Einsamkeit ist ein großes Thema in der Telefonseelsorge, das größte überhaupt. In unserer hoch entwickelten Gesellschaft gerät eine zunehmende Zahl von Mitbürgern durch fordernde Berufe, Partnerlosigkeit und den Verlust des Arbeitsplatzes in die Isolation. Vor allem an freien Tagen wird die ganze Tragweite emotional spürbar. Dann ist es gut, wenn jemand da ist, der zuhört und versteht.

Einsamkeit ist lebensbedrohend

»In der Telefonseelsorge können Menschen aussprechen, was sie sonst nicht sagen können«, erzählt Sophie Voss (Foto), Leiterin der Einrichtung. Neben Einsamkeit lösen vor allem körperliche und psychische Krankheiten, familiäre Konflikte und Pensionierung Ängste aus, dass die Betroffenen froh sind, die kostenlose Beratung anrufen zu können. »Das Suizidrisiko bei den Alleinlebenden ist viermal so hoch wie bei Menschen in Beziehung«, erklärt Voss die Situation. Nicht nur einmal konnten die Berater bei einem Telefonat so weit helfen und das Selbstvertrauen stärken, dass die Anrufer den Weg zurück ins Leben fanden. In der Telefonseelsorge, die in Trägerschaft der Diakonie agiert, beraten 40 Ehrenamtliche rund um die Uhr Anrufer, die in Not geraten sind. Oft hilft ihnen schon die Kontaktaufnahme, dass sich von der Seele reden der unterschiedlichsten Probleme. Am Telefon wird ihnen Aufmerksamkeit entgegengebracht, sie erfahren Beistand und können von einem anderen Standpunkt über die Frage nachdenken, wie sie aus der Situation herauskommen. Der Blick wird nach vorn gerichtet auf die Zukunft. Das ist oft mehr, als die Betroffenen erwarten. Die Seelsorger am Telefon müssen emotional stabil sein, sich auf unterschiedlichste Menschen einlassen können und dürfen an ihrer Aufgabe nicht zerbrechen. Vorher werden sie für die Aufgabe geschult und durch regelmäßige Supervision geschützt. Die Telefonseelsorge verfügt über ein jahrelang gewachsenes Netz mit Fachleuten, die die Arbeit schätzen.

Sorgen kann man teilen

Für Sophie Voss ist die Einrichtung Herzenssache. Seit die Diakonie die Trägerschaft zum 1. Juli übernommen hat, leitet sie die Telefonseelsorge Ostthüringen mit Standorten in Jena und Gera. Während ihres Studiums in Rostock hat die diplomierte Theologin sowohl eine kleine Mediatoren- als auch eine Notfallseelsorgerausbildung absolviert und behinderte Kinder und Jugendliche betreut. Nach ihrer Ankunft in Jena vor acht Jahren kam noch eine Hospizbegleiterausbildung dazu. Schließlich engagierte sie sich für soziale Belange als Grünen-Stadträtin im Jenaer Parlament, war Sozialausschussvorsitzende. Von diesen Funktionen ist sie zurückgetreten, hat sich ganz und gar auf das Seelsorgerische konzentriert. »Ich wollte schon immer in diese Richtung. Hier wird Beistand geleistet aus christlicher Nächstenliebe. Ich bin davon ausgegangen, der Nestbereiter für Seelsorger zu sein«, antwortet Voss auf die Frage, warum sie sich für die Stelle beworben hat. Unterstützt von einer Mitarbeiterin organisiert sie die Weiterbildung für die Ehrenamtlichen, sorgt sich um deren Wohlbefinden, um die Raumausstattung und Finanzen. Um beide Standorte optimal zu betreuen, ist sie immer unterwegs, ihr Büro trägt sie auf dem Rücken. Neben der Hotline kümmert sich die Telefonseelsorge um tabuisierte Themen wie Suizid.

Telefonseelsorge (0 800) 111 0 111

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Sophie Voss | Foto: Doris Weilandt
Autor:

Adrienne Uebbing

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