18. Januar
Vom dreimal vergessenen Tage

Anton von Werner: Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871) | Foto: gemeinfreies Bild aus der WIKIPEDIA
  • Anton von Werner: Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871)
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Nun ist er vorgestern doch tatsächlich sang- und klanglos vorübergegangen, dieser 18. Januar, an dem vor 320 Jahren der Hohenzoller (Friedrich III - Kurfürst von Brandenburg) in Königsberg "König in Preußen" wurde und, um die bekannte Namensverwirrung der ihm verwandten Herrscher einzuleiten, sich den Namen Friedrich I gab. Ebenfalls auch der preußische König Wilhelm I! Der wurde vor 150 Jahren am 18.Januar zum deutschen Kaiser proklamiert. Nicht in Königsberg, aber in Versailles.

Brandenburg war damals bereits völlig in Preußen aufgegangen, so wie jenes Preußen, das wir schätzen wollen, sehr bald in Deutschland verschwand. Interessant - heute sagt man spannend dazu - ist die Geschichte der Herrscher jenes Brandenburg allemal, welches ab 1415 von den Hohenzollern geführt wurde. Der Burggraf Friedrich VI. in Nürnberg erhielt vom römisch-deutschen Kaiser Sigismund (das ist der mit den Hussiten!) die erbliche Würde von Markgrafen und Kürfürsten in der nördlichen Mark verliehen. Dieser Burggraf nämlich hatte dem Luxenburger zum Kaiserthron geholfen - manus labat manum.

Preußen - als Land seit 1945 untergegangen - hat die deutschen Lande geprägt. In der napoleonischen Ära sowieso, in der Zeit des Wiener Kongresses, beim Deutschen Bund und dem Deutschen Zollverein, dem Norddeutschen Bund - schließlich eben auch im Kaiserreich. Der unter seinem Vater schwer gelitten habende Flötenspieler, welcher so unverschämt war, Maria Theresia Schlesien streitig zu machen und als Alter Fritz in die Geschichtslehrbücher einging, hat auch viel damit zu tun. Er (bzw. das, was von ihm noch übrig war) wurde im Jahr 1991 auf der Terrasse des brandenburgischen Versailles "Sanssouci" wunschgemäß beim Schein einer Laterne direkt neben seinen Hunden beigesetzt.

Ja - es sind immer wieder besondere Orte, die zu bestimmten Zeiten mit den Schicksalen der Menschen zu tun bekommen und seltsam - es sind besondere Tage und Stunden, die solche Wirksamkeit entrollen, die vorher keiner für möglich gehalten hat. Der 18. Januar gehört sehr wohl auch mit dazu - versteckt in der Fülle von 365 Jahrestagen spottet er derer, die dachten, ihn vergessen machen und diskreditieren zu können

Der erste König in Preußen - Friedrich der III/I - wurde von einer unachtsamen Amme fallen gelassen; er musste sich zeitlebens mit einem Buckel durchs Leben dirigieren - und lief schief. Aber hat regiert. Die Brandenburger nannten ihn liebevoll gehässig den "Schiefen Fritz." Aber er wurde König. In Königsberg. Sechs Millionen Taler kostete die Feierlichkeit. Um unseren Mann als selbstgekrönten König zu salben, wurde ein großer Gottesdienst gefeiert, dazu extra zwei Bischöfe berufen - ein lutherischer und ein calvinistischer. Dieselben Herren salbten und segneten Friedrich, der der Großvater des Alten Fritz und Vater des Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I gewesen ist.

„Hunde, wollt Ihr ewig leben!” soll der Enkel des im kalten Januar 1701 Gekrönten seinen fliehenden Soldaten in der Schlacht bei Kolin nachgerufen haben. Der Sieg ging nämlich nicht an Brandenburg/Preußen, sondern an das habsburgische Österreich. Ja - es gibt immer viel Verzweiflung bei der Politik. Der Krieg war damals noch Normalzustand in Europa, so etwa, wie es heute der Frieden ist. Auf jeden Fall ist er tief - der Brunnen der Vergangenheit. Und je tiefer wir steigen, desto besser wird es.

Zum Abschluss des heutigen vergessenen Tages soll noch angemerkt werden: Athanasius der Große - auch sein Tag ist der 18. Januar. Von Athanasius stammt die Schrift περὶ ἐνανθρωπήσεως τοῦ Λόγου („über die Inkarnation des Logos”). In dieser Schrift handelt der Kirchenvater († 373 in Alexandria) die Inkarnation von Gott in Jesus Christus ab - und führt damit die Gegenwart Gottes in der Geschichte als zentrales Element des christlichen Glaubens vor. Der Weltgeist ging zwar besonders gern in Thüringen spazieren. Aber er hatte seine Finger wohl auch immer in Königsberg und Versailles mit im Spiel. Immer ...

Autor:

Matthias Schollmeyer

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