14. Mai
BONIFAZ

- hochgeladen von Matthias Schollmeyer
Vita sancti Bonifatii Martyris de Tarsis
Bonifatius war ein Jüngling römischer Herkunft, aufgewachsen im Haus einer edlen Matrone namens Aglaia, deren Schönheit und Vermögen in der Stadt weit bekannt waren, doch deren Herz in jenen Tagen noch nicht zu Christus gefunden hatte. Bonifatius diente ihr mit freiem Gemüt und zuweilen übermütiger Zunge, denn er war nicht nur klug, sondern auch weltlich gesinnt, und sein Leben stand im Zeichen der Wollust und der Kunst.
Doch siehe, Aglaia, die sich in den beginnenden Tagen ihres Alterns nunmehr nach tieferem Sinn sehnte, fasste den Plan, aus dem Osten Reliquien heilig christlicher Märtyrer zu beschaffen, auf dass sie, wie sie sagte, ein würdiges Zeichen ihrer Umkehr und Buße dem Herrn darbringe. Und weil Bonifatius ihr vertrautester Diener war, trug sie ihm dieses Werk auf, ungeachtet seiner Laster, denn, so sprach sie: „Gott kann auch durch ein zerbrochenes Gefäß sein lebensspendendes Wasser darreichen.“
So zog Bonifatius mit Gefolge gen Tarsus in Kilikien, wo unter der Herrschaft des Kaisers Galerius die Christen grausam verfolgt wurden. In jener Stadt angekommen, suchte er nach den abgetanen Leibern der Märtyrer, ging durch die Straßen und fand das Forum erfüllt von Schreien, Blut und Feuer. Denn an jenem Tag waren zwölf Christen in den Kerker geführt und zum Tode durch siedendes Pech verurteilt worden, da sie den Götzen des Kaisers nicht opfern wollten.
Bonifatius, dem es auch an diesem Tage an Wein nicht gemangelt hatte, stand im Volk, lachte zuerst über das Spektakel, doch siehe: als er den ersten Jüngling sah, der unter Qualen das Kreuzzeichen machte, und die Jungfrau, die inmitten der Flammen Christus lobte, da fiel ein Schrecken auf ihn. Ihm war, als blickte er durch eine andere Zeit in eine andere Welt. Und als einer der Henker ihm zurief: „Was glotzest du so, Römer?“, sprach Bonifatius, von Geist erfüllt: „Ich bin auch ein Christ! Und - warum lasset ihr diese da leiden?“
Die Umstehenden hielten ihn für einen Wahnsinnigen. Doch als der Statthalter ihn verhörte und Bonifatius den Namen Christi mit lauter Stimme bekannte, ließ er ihn festnehmen, entkleiden, geißeln mit bleibeschwerten Riemen, an die Streckbank binden, mit eisernen Kämmen schinden, Salz in die Wunden reiben, und dann in siedendes Pech werfen, das unter gewaltigem Zischen seine Glieder umhüllte wie ein feuriger Mantel.
Doch siehe: obwohl seine Haut zerplatzte wie die Schale gerösteter Früchte, bewegten sich seine Lippen zum Gebet. Da wurde das Volk ergriffen, und selbst der Henker ließ den Schöpflöffel sinken. Der Statthalter aber sprach: „Haut ihm das Haupt ab, denn er verzaubert uns mit Galileischem Trug!“ Und so wurde ihm der Kopf abgeschlagen, und die Erde erbebte, als sie das Blut des gerechten Bonifaz empfing.
Die Männer, die mit ihm gekommen waren, flohen zuerst, doch in der Nacht erschien einem von ihnen die helle Gestalt des Bonifatius und sprach: „Fürchtet euch nicht, liebe Gefährten. Nehmet nun meine Gebeine und bringt sie heim.“ Und so bargen sie seinen Leib, der unversehrt im Pech lag wie in eine gläserne Puppe, und trugen ihn zurück nach Rom.
Als Aglaia seine Rückkehr vernahm, ließ sie eine Kapelle an der Via Latina bauen, wo die Glieder des Märtyrers nun ruhen sollten wie ein Schatz. Sie aber lebte fortan in Keuschheit, Beten und Fasten, und man sagt, dass auch sie viele Jahre später im Rufe der Heiligkeit starb.
Bonifatius aber wird angerufen in hitzigen Krankheiten, bei Gefahr durch siedende Flüssigkeiten, gegen Trunkenheit, bei gefährlichen Reisen und gegen die Torheit allzu später Umkehr. Sein Tag ist der 14. Mai, und er gehört zu den Eisheiligen. Bedeutsamer als die Glut, mit der die Feinde Christi ihre armseligen Flammen unter den Kesseln schürten, blieb aber jene Flamme des Glaubens, welche in dem Heiligen loderte.
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