Mensch, wo bist du?

An dem Tage, da ihr davon esst, werden eure Augen aufgetan, und ihr werdet sein wie Gott und wissen, was gut und böse ist.
1. Mose 3, Vers 5 b

Von Reinhard Simon

Die Geschichte von Himmel und Erde« – so ist diese Erzählung in Kapitel 2,4 überschrieben, folgt man der hebräischen Bibel. Der 1. Sonntag der Passionszeit lässt uns die großen Fragen stellen: Wie steht es um uns Menschen, um diese gewaltige Fähigkeit zur gemeinsamen Lust am Leben wie zur tödlichen Grausamkeit? Wie den unüberhörbaren Hilferuf so vieler Menschen aufnehmen? Und was hat Christus wirklich gebracht, er, der dem »Widersacher« widerstanden hatte?
»Adam« ist in der Bibel kein Eigenname: das bist du und ich, »Mensch«, von Erde genommen. »Eva« ist ebenso kein Name, sondern wiederum du und ich, »Leben« in Menschen mit Gesichtern, gemeinsame Gabe – zu treuen Händen, die nicht treu geblieben sind. Kain erschlug Abel, und wieder sagt der Name so viel mehr: »Abel« ist der »Rauch«, der aus dem Schornstein steigt, wenn das Unvorstellbare getan wird …
Genial wird die Erzählung eröffnet. Die Sehnsucht, das Gute und Böse zu wissen, ist so zwingend; wie könnten wir anders überleben? Und weshalb darum sterben? Alle Erfahrung lässt so fragen wie die Schlange argumentiert: »Keineswegs werdet ihr sterben, sondern Gott weiß …!« Aber das ist nun Mitgift und Gift: Einen Spaltbreit wird hier ein jäher Abgrund geöffnet: Was, wenn DER, dem wir alles verdanken, doch noch ganz anders könnte … nicht die ganze Wahrheit gesagt hätte … oder sein Geheimnis gar darin bestünde, nur eine menschliche Vorstellung zu sein, ein Kopfkino, jederzeit ausschaltbar? Und wenn wir Menschen dann alle Grenzen überschritten?
Da erreicht eine Stimme das Ohr: »Mensch, wo bist du?« Hätte Gott das nicht gewusst? Nein: unsereiner weiß nicht mehr, wo er ist. Wüssten wir es, wie viel änderte sich! So aber erscheint in der Bibel Gott, und statt zu urteilen fragt er! Das ist eine große Entdeckung. »Was sucht ihr?«, »Frau, was weinst du?«, »Was sind das für Dinge, die ihr miteinander beredet unterwegs?« …
So gefragt zu werden, heißt erzählen können. Abgründe können beginnen, sich zu schließen. Und irgendwann antwortet ein Mensch: »Hier bin ich, Gott.« Im Alltag der Passionszeit öfter anzuhalten und zu sagen: »Hier bin ich, Gott«, das könnte es sein!

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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