Fragen der Zeit

Meister, wir wollen ein Zeichen von dir sehen.
Matthäus 12, Vers 38 b

Von Reinhard Simon

Den 2. Sonntag in der Passionszeit durchzieht eine Erschütterung: Warum verschließen sich so viele Menschen vor Gott? Will er doch nichts, als das Kostbarste von sich selbst geben, die Fähigkeit zu lieben. Wie aber sollte man ohne sie leben auf der Erde?
Mitten in den Widersprüchen unserer Zeit lässt die Kirche solchen Fragen Raum. So kommt unweigerlich Jesus in den Blick. Aber warum er? Wie sollte man an ihm den Beweis des Geistes und der Kraft eines Gottes erkennen, an den man vielleicht gar nicht zu glauben wagt? Und wieso dieser Absolutheitsanspruch? Führt er nicht notwendig zur Intoleranz? Wir müssen uns der Wucht solcher Fragen stellen.
»Gib uns doch ein Zeichen, dass du der bist, bei dem die Menschheit wirklich aufatmen kann! Wenn das keine Anmaßung ist, in der du auftrittst und heilst am Feiertag, den Gott geheiligt hat; der Messias Gottes täte das nie! Womit kannst du dich ausweisen, dass du von Gott bist?« So höre ich das Verlangen der Schriftgelehrten und Pharisäer und finde darin das Fragen auch unserer Zeit wieder. Zu unterscheiden, wem man »Heil« ruft, ist alles andere als gleichgültig.
Es scheint, dass in diesem Moment des Evangeliums eine förmliche Beweisaufnahme gegen Jesus begonnen hat. In seiner Antwort liegt Bitterkeit, der Riss zwischen ihm und der Mehrheit des Volkes Gottes war unüberbrückbar geworden. Das Einzige, was er noch geben konnte, war sein Leben – wie Jona sich hatte ins Meer werfen lassen, »drei Tage und drei Nächte« im Rachen des Todes bewahrt und der Welt wiedergeschenkt worden war. Das Ostergeheimnis klingt an. Ninive (nahe dem heutigen Mossul) hatte einst den liebenden Ruf Gottes angenommen! Hoffnung lag, wenigstens bei »den anderen«.
Paulus konnte das tiefer begreifen: »Gott erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus für uns gestorben ist, als wir noch Sünder waren.« In »der Stadt«, die bei Christen den Schreckensnamen »Babylon« trug, in Rom, war eine Gemeinde jüdischer und heidnischer Sünder entstanden. Da war der Beweis des Geistes und der Kraft erbracht. Alle Unterschiede der Sprache, Klasse, Kultur und Religion sanken in sich zusammen. Und kein Absolutheitsanspruch, nein, eine Lebenshingabe ist dieser Liebe Quelle.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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