Ein Leben für Versöhnung

Theo Mechtenberg wurde mit dem Lothar-Kreyssig-Friedenspreis geehrt. | Foto: Angela Stoye

Bei manchen Dingen spürt ein Mensch erst nach und nach, dass sie sein Leben gründlich verändern.

Von Angela Stoye

Theo Mechtenberg, katholischer Theologe, promovierter Germanist, Publizist und Übersetzer, ahnte in den 60er-Jahren nicht, dass die deutsch-polnische Verständigung zu seinem Lebensthema werden würde. Für sein Engagement auf diesem Gebiet wurde der 89-Jährige am 11. November in Magdeburg mit dem Lothar-Kreyssig-Friedenspreis geehrt. Die nach dem Gründer der Aktion Sühnezeichen, Lothar Kreyssig (1898–1986), benannte Stiftung vergibt ihn seit 1999 in jedem zweiten Jahr an Menschen, die sich um die Versöhnung und Verständigung, besonders mit Juden sowie den osteuropäischen Nachbarn, verdient gemacht haben. Theo Mechtenberg ist der zehnte Preisträger.
Der Briefwechsel der deutschen und polnischen Bischöfe zu Versöhnung vom Herbst 1965 habe ihn berührt und nicht mehr losgelassen, so Theo Mechtenberg. »Das hat mein Leben geprägt, aber das war nicht so geplant.« Von 1965 bis 1971 war der gebürtige Westfale nach dem Vikariat in Wittenberg katholischer Studentenseelsorger in Magdeburg und als solcher mit Studenten im Rahmen der Aktion Sühnezeichen noch in Polen aktiv, als diese Arbeit durch die DDR immer mehr erschwert wurde. Zudem leitete er den 1963 gegründeten Arbeitskreis »Pacem in terris«. In Magdeburg gab es damals einen weiteren, auf dem Gebiet der deutsch-polnischen Versöhnung besonders engagierten Menschen: Günter Särchen (1927 bis 2004), Leiter der Magdeburger Arbeitsstelle für pastorale Hilfsmittel, hatte 1968 die Anna-Morawska-Gesellschaft für deutsch-polnische Verständigung gegründet. Als Theo Mechtenberg 1971 aus dem Priesteramt ausgeschieden, nach Polen gezogen war und eine Familie gegründet hatte, versorgte er Särchen mit Informationen über die gesellschaftliche Entwicklung im Nachbarland. Gute Kontakte hielt er zur polnischen Intelligenz, zu Oppositionellen und zur Kirche. Auch als er 1979 als Dozent an das Gesamteuropäische Studienwerk in Vlotho in Nordrhein-Westfalen wechselte, brachen seine Kontakte nach Polen und in die DDR nicht ab. Nach der Wende war Theo Mechtenberg für viele Jahre Mitglied des Vorstands und der Europäischen Akademie Kreisau.
Theo Mechtenberg hat in einem Brief von Lothar Kreyssig von vor fast 50 Jahren einen Satz gefunden, der sein Handeln bestimmt: »Die Zeit deckt den Abgrund in den Menschen zu.« Es gebe kollektive Abgründe, die immer abrufbar sind und aus denen neuer Hass entstehen könne, so der Preisträger. Daher sei Versöhnung ein bleibender Auftrag. Seine große Hoffnung ist, dass trotz der gegenwärtigen Vorgänge in Polen die deutsch-polnischen Beziehungen keinen Schaden nehmen.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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