"Die bunte Gnade Gottes" - Prof. Dr. Michael Trowitzsch wird 75
Begleiter in Lehre, Kirchenleitung und Pfarrdienst feiert Geburtstag

Emeritierter Jenaer Theologieprofessor Dr. Michael Trowitzsch feiert 75. Geburtstag
Als Anfang der neunziger Jahre der Lehrstuhl für Systematische Theologie und Ethik an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena neu zu besetzen war,
saßen wir als studentische Vertreter in der Berufungskommission. Nach seiner Wahl folgte Michael Trowitzsch 1993 dem Ruf aus der großen theologischen Fakultät Münster in die Beschaulichere nach Jena. Wir erlebten ihn in Vorlesungen, Seminaren und vor allem und immer wieder: in den von ihm gestalteten Gottesdiensten in der Stadtkirche „Sankt Michael“. Er war und ist ein Mann des Wortes: bildgewaltig und kunstvoll mit Sprache spielend, angetrieben von der Kraft des EINEN Wortes, dem Evangelium, Raum und Gehör zu verschaffen.
In seinen universitären Veranstaltungen blieb er Grenzgänger: Dogmatik in Verbindung mit bildender Kunst („bis allerhöchstens 1950!“) Literatur und Musik, mit zahlreichen Ausflügen in die Tradition von Bibel und Bekenntnis, ein tief-gründlicher Theologe. Paulus, der Apostel Jesu Christi, eines seiner Lebensthemen. Ausgewiesener Lutherfachmann, christologisch-denkend in der Tradition von Barth und Bonhoeffer. Mozartkenner und Liebhaber guter Klaviermusik. Wir erlebten ihn skeptisch, wenn es um die Moderne ging. Der Artikel „Technik“ in der TRE spricht Bände…
Seinen Entschluss, in Thüringen zu bleiben, selbst als ihn ein Ruf nach Zürich erreichte, diesen Entschluss zu bleiben, hat er nie bereut. Die Arbeitsbelastung in den ersten Jahren an der Fakultät war erheblich, weil sich auch im universitären Bereich vieles noch in der Aufbauphase befand, die Theologen häufig für Ämter, Aufgaben, Verantwortungsbereiche usw. gefragt waren. Die Fakultät musste sich – schwierig genug – auf neue Regularien bei Besetzungen, Prüfungen, Mittelbeantragungen einstellen. Die akademische Lehre – die Ausbildung der zukünftigen Pfarrer und Pfarrerinnen, der Religionslehrer und -lehrerinnen – hat ihm von Anbeginn am Herzen gelegen. Überhaupt: Die evangelische Kirche in Thüringen reizte ihn. Er wurde ein aktiver Kirchenmann in Lehre und Praxis, gehörte sechs Jahre lang als Vertreter der Theologischen Fakultät der Landessynode an, und war gern gesehener Prediger in Stadt- und Landgemeinden. Die Zeit war von vielen Kontakten geprägt, Freundschaften entstanden. Auf der Kanzel kannte man ihn bald als „Bildermaler“ biblischer Texte. Unvergessen sind markante Sätze aus seinen Predigten. Er spannte den Bogen weit – von der „schwarzen Fahne der Anarchie über der Töpferwerkstatt Gottes“ bis zur „bunten Gnade Gottes“ und schilderte seine Begegnung mit einem singenden Eisvogel, mögen doch die Ornithologen behaupten, was sie wollen…
Michael Trowitzsch ist nicht nur als feinsinnig-erzählender Theologe im Gedächtnis von hunderten Pfarrerinnen und Pfarrern in den von ihm besuchten Konventen, Veranstaltungen, Klausuren und Tagungen haften geblieben, sondern ließ sich auch erzählen. Er war an Geschichte und Geschichten interessiert. Klaus-Peter Hertzsch erzählte ihm, dem Freund, von seinem Leben in der DDR, von Erinnerungen, Erfahrungen und Herausforderungen. So entstand auch das eine und andere Buch – Zeitdokumente und Lebensberichte. Michael Trowitzsch war an den Lebensgeschichten derer interessiert, die jetzt auf den Kanzeln stehen. „Wenn ich auf einen Pfarrkonvent kam oder mir die Liste der Superintendenten und Superintendentinnen vor Augen halte, sehe ich, wie viele, von gelangweilt bis begeistert, in meinen Lehrveranstaltungen in Jena waren (wobei man ja nie so genau weiß, was man befördert, was man angerichtet hat)“, erinnerte er sich. Seit August 2018 lebt Michael Trowitzsch in seiner alten Heimat Schleswig-Holstein, nachdem er seinen aktiven Ruhestand in Weimar verbrachte. Auch jetzt, mit 75 Jahren setzt er sich nicht zur Ruhe: vielmehr, er schreibt, predigt, denkt…
Trowitzsch ist einer, der die Schärfe von Gedanken wörtlich nimmt und nicht davor zurückschreckt, zu provozieren. Was er denkt und ausspricht, war und ist alles andere als bequem und manchmal kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass seine sehr wachen Augen bereits förmlich auf Erwiderungen warten…
Gottes Segen zum Geburtstag und für das neue Lebensjahr Anteil an der „bunten Gnade Gottes“, von der selbst eingängig sprach und predigte!

Pröpstin Dr. Friederike Franziska und Pfarrer Ulrich Matthias Spengler, Bad Berka

Autor:

Friederike Spengler

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