SED-Vergangenheit: Neuer Landesbeauftragter für die Aufarbeitung gewählt
Kein Ein-Generationen-Projekt

»Sag mir, wo du stehst«: Der Comicraum in der Gedenk- und Bildungsstätte Andreasstraße in Erfurt erzählt Lebens-geschichten interaktiv.
 | Foto: Claus Bach/Stiftung Ettersberg
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Peter Wurschi ist Thüringens neuer Landesbeauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Der Landtag wählte den promovierten Sozialwissenschaftler Ende September in geheimer Abstimmung mit deutlicher Mehrheit. Auf den Kandidaten des rot-rot-grünen Regierungslagers entfielen 54 Ja-Stimmen bei 24 Nein-Stimmen und vier Enthaltungen.
Wurschi ist bislang als leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Stiftung Ettersberg tätig. Der 44-Jährige übernimmt am 21. November das Amt von Christian Dietrich, der seit 2013 als Landesbeauftragter tätig war. Gegen den Pfarrer war Wurschi bereits vor fünf Jahren angetreten.
Vor der Wahl hatte die CDU-Fraktion im Thüringer Landtag dem aus dem Amt scheidenden Christian Dietrich für seine Arbeit gedankt. Mit dem Pfarrer scheide im November der letzte Beauftragte aus, der noch mehrere Jahre aktiv am kirchlichen Widerstand gegen das SED-Regime beteiligt gewesen sei, sagte der Beauftragte der Fraktion für die Opfer der SED-Diktatur, Herbert Wirkner. Er bedauerte, dass die CDU-Fraktion im Landtag keine Möglichkeit hatte, eine zweite Amtszeit für den von ihr 2013 vorgeschlagenen Dietrich durchzusetzen.
Enttäuscht hatte sich zuvor auch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) über die Personalie gezeigt. Man nehme die Entscheidung der Regierungskoalition für das Amt zur Kenntnis, sagte der für die Gemeinden zuständige EKM-Dezernent Christian Fuhrmann, der die Kirche auch in der interministeriellen Arbeitsgruppe zur Aufarbeitung des SED-Unrechts vertritt. Jedoch hätte die Kirche gern fünf weitere Jahre mit Dietrich zusammengearbeitet.
Mit dem Pfarrer habe ein »authentischer Zeitzeuge« das Amt seit 2013 bekleidet, der auch wegen seiner Sachkenntnis an der richtigen Stelle gewesen sei. Der Theologe habe sich in seinem von Engagement und Sensibilität gegenüber den Opfern geprägten Amtsverständnis nicht gescheut, auch schwierige Themen anzusprechen, sagte der Oberkirchenrat dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Dietrich war im letzten Jahrzehnt der DDR am kirchlichen Widerstand beteiligt, hat in Samisdatzeitschriften veröffentlicht und die friedliche Revolution 1989/90 aktiv mit vorangetrieben. Vor seiner Wahl zum Landesbeauftragten 2013 war der evangelische Theologe Pfarrer in Nohra bei Weimar.
Mit Peter Wurschi ist damit der erste Landesbeauftragte im Amt, der keine bio-grafische Oppositionsgeschichte mitbringt. Wurschi war beim Fall der Mauer 14 Jahre alt. Er selbst empfinde das als positives Signal, sagte Wurschi dem epd. »Es wird verstanden, dass die Aufarbeitung der SED-Diktatur kein Ein-Generationen-Projekt ist, sondern einen Mehrwert für unsere Gesellschaft hat.
Wurschi möchte in seinem Amt die Menschen wieder miteinander ins Gespräch bringen und ihnen die Angst vor der Auseinandersetzung mit ambivalenten Biografien nehmen. Vorhandene Beratungs- und Hilfsangebote für Betroffene möchte er deutlicher benennen und so einfach wie möglich gestalten. Auch will er den gesellschaftlichen Diskurs über die DDR und ihre Folgen beleben.

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