Welterbe
Erfurts jüdische Stätten sind neues Unesco-Weltkulturerbe

Detail der Alten Synagoge in der Erfurter Waagegasse  | Foto: epd-bild/Maik Schuck
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Die jüdisch-mittelalterlichen Stätten in Erfurt sind in das Unesco-Weltkulturerbe aufgenommen worden. Die Entscheidung wurde vom zuständigen Unesco-Komitee am Sonntag auf seiner aktuellen Tagung in Riad in Saudi-Arabien getroffen.

Die Alte Synagoge, die Mikwe und das «Steinerne Haus» als historisches jüdisches Wohngebäude in Thüringens Landeshauptstadt gehören als 52. Kulturerbestätte in Deutschland zum Unesco-Welterbe. Der am Sonntag zuerkannte Welterbe-Titel stärke das gemeinsame Bemühen von Stadt und Land, diese historischen Stätten zu erhalten und ihre wechselvolle Geschichte öffentlich zu vermitteln, erklärte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) in Erfurt nach der Entscheidung. Die Auszeichnung erinnere einmal mehr an die Notwendigkeit, Hass und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden jederzeit entschieden entgegenzutreten.

Die deutsche Botschafterin bei der Unesco, Kerstin Pürschel, erklärte, die Aufnahme des jüdisch-mittelalterlichen Erbes von Erfurt leiste einen wichtigen Beitrag, um die gemeinsamen Wurzeln von Juden und Christen in Deutschland und Europa sichtbar zu machen. Die neue Welterbestätte unterstreiche das Verständnis für die kulturelle Vielfalt in Deutschland.

Die Präsidentin der Deutschen Unesco-Kommission, Maria Böhmer, betonte, in der neuen Welterbestätte spiegele sich die beeindruckende Geschichte der mittelalterlichen Gemeinde mit all ihren Höhen und Tiefen. Sie zeuge vom Zusammenleben jüdischer und christlicher Nachbarn, aber auch von Pogromen und Vertreibung.

Auch das Weimarer «Yiddish Summer»-Festival gratulierte und erinnerte daran, dass nicht nur das jüdische Erbe in der Stadt präsent sei, sondern bis heute auch die jüdische Kultur. Der künstlerische Festival-Leiter Alan Bern erklärte, wichtige Zeugnisse der westjiddischen Sprache und Kultur würden heute in Erfurt bewahrt:
«Nicht versteckt in einem geschlossenen Archiv, sondern für jedermann sichtbar und erlebbar.» Nun sei die ganze Welt eingeladen, dieses jüdische Erbe, das in Erfurt weiterlebe, kennenzulernen.

Das jüdische Erbe Erfurts war lange Zeit überbaut. Erst in den vergangenen Jahrzehnten wurde die vollständige Infrastruktur einer mittelalterlichen jüdischen Gemeinde erschlossen. Die Alte Synagoge aus dem elften Jahrhundert gilt heute als eine der ältesten erhaltenen in Europa. Nach einem verheerenden Pogrom im Jahr 1349 wurde das Gotteshaus zuerst als Lager, später als Gastwirtschaft genutzt. 1988 wurde die Synagoge wiederentdeckt.

Auch die Erfurter Mikwe aus dem zwölften Jahrhundert war lange vergessen. Sie wurde 2007 wiederentdeckt. Mit dem sogenannten «Steinernen Haus» gehört auch ein Wohngebäude zum Erfurter Unesco-Welterbe. In dem um 1200 errichteten Gebäude lebte den mittelalterlichen Steuerlisten zufolge eine jüdische Familie.

Mit Erfurts jüdischem Erbe sind in Deutschland nun zum zweiten Mal jüdische Bauwerke in die Welterbeliste eingetragen worden. Erst 2021 nahm die Unesco die historischen Relikte der jüdisch-mittelalterlichen Gemeinden von Worms, Speyer und Mainz in das Welterbeverzeichnis auf.

Das Unesco-Welterbekomitee tagt noch bis zum 25. September in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad. Es setzt sich aus Vertretern von 21 gewählten Vertragsstaaten der Welterbekonvention zusammen. Auf der Liste des Unesco-Welterbes stehen derzeit mehr als 1.100 Kultur- und Naturstätten in 167 Ländern. (epd)

Autor:

Katja Schmidtke

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