Er predigte gegen Zins und Wucher und löste damit einen Streit aus 

Johann Strauß: Dem Wirken des Theologen ist es zu verdanken, dass sich Eisenach 1523/24 der Reformation anschloss

Von Carlies Maria Raddatz-Breidbach

Eisenach schloss sich dank des Wirkens Jakob Strauß’ 1523/24 der Reformation an. Strauß, um 1480 in Basel geboren, war seit Januar 1523 Prediger an St. Georgen in Eisenach. Viele Bürger und Bauern waren in Bedrängnis geraten durch die Abgaben- und Zinsforderungen der Eisenach dominierenden Klöster. Strauß predigte gegen Darlehenszinsen und löste mit seinen Schriften einen reichsweit beachteten Streit aus. Denn er griff Probleme auf, die er aus seiner Heimatstadt Basel und Süddeutschland kannte.
Strauß, ehemaliger Dominikaner, kannte die Versuche Johann Ecks, Darlehensverträge der Fugger und anderer Handelsgesellschaften als mit kirchlichen Zinsverboten vereinbar darzustellen. 1519/20 hatte Luther unter namentlicher Kritik der Fugger eine generelle Beschränkung der Zinssätze auf maximal 6 Prozent gefordert.
Strauß, der betonte, kein Schüler Luthers zu sein, hatte als Prediger in den Tiroler Bergstädten Schwaz und Hall 1521/22 die negativen Auswirkungen der Verpfändungen der Silber- und Kupferproduktion an die Fugger beobachtet. In Hall sammelte er mit Unterstützung des Rats eine evangelische Gemeinde. Er predigte, die Habgier der Beichtväter anprangernd, gegen den Beichtzwang. Nachdem der Bischof von Brixen die Ausweisung Strauß’ durchgesetzt hatte, immatrikulierte er sich in Wittenberg. Luther vermittelte ihm eine Predigerstelle bei Graf Georg von Wertheim. Dieser entließ ihn nach zwei Monaten wegen seines Drängens auf schnelle Reformen.
In Eisenach erklärte Strauß unter Berufung auf 5. Mose 15,7-11 und Lukas 6,34?f jede Zinsforderung zur Todsünde, geißelte die Habgier aller Stände und warf denen, die sich Geld gegen Zinszahlung liehen, Unglauben gegenüber den Verheißungen in Matthäus 6,26-30 vor. Im Frühjahr veröffentlichte er 51 »Haubtstuck unnd Artickel Christlicher leer wider den unchristlichen wucher, darumb etlich Pfaffen zu Eysnach so gar unrühig und bemüht sind.«
Als zahlreiche Eisenacher Zinsschuldner nun ihre Zahlungen einstellten, beschwerten sich Geistliche beim Herzog. Luther, um ein Gutachten gebeten, stellte fest, dass Strauß’ Verurteilung der Zinsen Zahlenden dem Evangelium zuwiderlaufe und forderte seinen Widerruf. Der Herzog wies die örtlich zuständigen kurfürstlichen Beamten und den Stadtrat an, die Zinszahlungen durchzusetzen. Sie wiesen ihrerseits im Januar 1524 auf Verfehlungen geistlicher Einrichtungen und auf die große Not vieler Zinsschuldner hin. Eine Untersuchungskommission erreichte im Februar/März Zugeständnisse der Gläubiger. Dies löste Beschwerden altgläubiger Ratsherren über Strauß und die evangelische Ratsmehrheit aus.
Nachdem Luther, Melanchthon, Herzog Johann und Kurprinz Johann Friedrich sich um Vermittlung bemüht hatten, überbrachte im März/April eine Kommission Strauß die Aufforderung des Herzogs, seine Zinskritik angesichts der Begrenzung der Zinssätze auf vier oder fünf Prozent zu beenden. Sollte Strauß diesem Kompromiss nicht folgen können, sollte er dem Herzog eine schriftliche Entschuldigung vorlegen.
Diese legte Strauß in einer gedruckten Mahnpredigt vor. Damit griff er Luther und Melanchthon an. Er gestand zu, dass ein Zinsschuldner, der der Zinsforderung nur unter Zwang nachkomme, sich nicht der Todsünde schuldig mache. Er distanzierte sich von denjenigen, die auch Abgaben verweigerten. Er predige nicht Aufruhr, sondern warne die Fürsten vor Irrlehren. Zinsen verstießen gegen das biblische Gebot der Nächstenliebe. Daran halte er auch um den Preis der Verfolgung fest. Denn den Christen, die sich nicht zum Evangelium bekehrten, stehe das Gericht Gottes bevor, wie einst den Juden wegen der Kreuzigung Christi: »So doch unser Undankbarkeit viel größer und schwerer sich erzeigt dann der Juden.« Ungeachtet der Differenzen beließ der Herzog Strauß, der seine umfassenden Reformen in Eisenach in weiteren Schriften darlegte, im Amt und setzte ihn am 17. März 1525 als Visitator der umliegenden Ämter ein. Jedoch geriet Strauß im April/Mai, als der Bauernkrieg Eisenach erfasste, trotz seiner Vermittlungsversuche in Verdacht, zum Aufruhr beigetragen zu haben. Nachdem er dies in einem Verhör in Weimar widerlegt hatte, verließ er Eisenach. Seine heftige Kritik an Zwinglis Abendmahlsverständnis isolierte ihn vollends innerhalb der reformatorischen Bewegung. Er starb um 1530.

Buchtipp: Bauer, Joachim, Haspel, Michael (Hg.): Jakob Strauß und der reformatorische Wucherstreit. Die soziale Dimension der Reformation und ihre Wirkungen, Evangelische Verlagsanstalt, 320 S., ISBN 978-3-374-05150-2, 29 Euro
Bezug über den Buchhandel oder den Bestellservice Ihrer Kirchen­zeitung: Telefon (03643) 24 61 61

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