Freitag, vor eins...
Unsere Seite 1 - Willkommen im Jahr 5781

Unsere Seite 1, Nr. 38 vom 20. September 2020 | Foto: G+H
  • Unsere Seite 1, Nr. 38 vom 20. September 2020
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Ach was wäre es schön, das hinter uns liegende Jahr endlich zu beschließen und mit einem Glas Sekt in der Hand darauf zu hoffen, dass das neue vor uns liegende ein besseres wird. Doch bis 2020 endlich Geschichte ist, dauert es noch dreieinhalb Monate. Anders geht es da den Juden. Für sie beginnt heute Abend das Jahr 5781 nach Erschaffung der Welt. Ob das zweitägige Neujahrsfest Rosch haSchana diesmal als ein guter Start ins neue Jahr bezeichnet werden kann, ist jedoch fraglich.

Denn in Israel beginnt mit dem heutigen Tag für drei Wochen ein zweiter Lockdown. Weltweit ist das einmalig. In den vergangenen Wochen stiegt die Zahl der an Covid-19-Erkrankten stetig an. In dieser Woche erreichte sie den weltweiten Rekordwert von 5.500 Neuinfektionen an einem einzigen Tag. Schon das Pessachfest im April musste in Israel ohne Verwandtschaft gefeiert werden. In den kommenden zwei Wochen steht gleich eine ganze Reihe von jüdischen Feiertagen an, die in Gemeinschaft gefeiert werden sollten: In zehn Tagen folgt auf Rosch haSchana das Versöhnungsfest Jom Kippur und fünf Tage danach das Laubhüttenfest. Doch weil zu erahnen ist, dass all die Feiern das Infektionsgeschehen weiter vorantreiben würden, sind Besuche bei Verwandten, die nicht in der Nachbarschaft leben, verboten - mehr als einen Kilometer dürfen sich die Menschen nicht von ihrem Wohnort entfernen. 

Anders geht es da den Juden in Deutschland, wenngleich auch für sie das Feiern mit Einschränkungen, etwa dem Einhalten der Abstandsregeln, verbunden ist. Doch dafür gibt es Lösungen, beispielsweise in Berlin. Hier wechseln die Gläubigen der Synagogengemeinde Berlin Sukkat Schalom die Straßenseite und feiern den Auftakt zu Rosch haSchana in der gegenüberliegenden Kirche der evangelischen Gemeinde Am Lietzensee, wo einfach mehr Platz ist. Der Rabbiner der Synagogengemeinde mit ihren etwa 300 Mitgliedern, Andreas Nachama, meint zu dem Experiment schmunzelnd: "Man muss in diesem Jahr mit Kompromissen leben."

Rosch haSchana bedeutet wörtlich "Kopf des Jahres" und leitet zehn Bußtage ein, die in Jom Kippur, dem höchsten jüdischen Fest, gipfeln. Es gilt gilt ein striktes Werk- und Arbeitsverbot. Zum Fest wird das Widderhorn, das Schofar, geblasen, das zum Gebet und zur Buße aufruft. Die Feiertage sollen die Menschen veranlassen, in sich zu gehen, sich vom Bösen abzuwenden und gut zu handeln. In der jüdischen Tradition hat das Neujahrsfest den Charakter eines Gerichtstages: Gericht Gottes über den Menschen und Rechenschaft des Menschen über sein eigenes Tun.

Anders als sonst wird außerdem zu Rosch haSchana das Schabbat-Brot nicht in Salz sondern in Honig getaucht, denn man wünscht sich ein «süßes Jahr». Vielleicht durchaus ein Wunsch, mit dem wir auch mal ins neue Jahr starten könnten, ist es doch irgendwie freundlicher als ein steriles "Frohes Neues". Eine frohe neue Ausgabe Ihrer Kirchenzeitung gibt es in dieser Woche natürlich auch, wenngleich wir uns der Kirche und den Katastrophen gewidmet haben. Wir wünschen gute Lektüre!

Unsere Themen

  • "Wir sind himmreichsrelevant": Landesbischof Friedrich Kramer ist seit einem Jahr im Amt. Er blickt zurück, vor allem auf die vergangenen Monate der Corona-Pandemie und das Agieren der Kirchenleitung.
  • Gewappnet für den Ernstfall I.: In Gera gibt es seit 2015 einen Notfallverbund der Kirchen, Archive und Museen.
  • Gewappnet für den Ernstfall II.: Resilienz ist dafür verantwortlich, dass Menschen nicht in die Knie gehen, obwohl sie massive Belastungen erfahren. Krisenfest zu werden kann man lernen. 
  • Außerdem

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    Eine Frage der Menschlichkeit

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    Autor:

    Mirjam Petermann

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