6. August - Hans Moser zum 143. Geburtstag
Wenn der Herrgott net will ...

Hans Moser in: WENN DER HERRGOTT NET WILL (1962)

Der Schauspieler Hans Moser hat heute am 6.August  Geburtstag. Notgedrungenermaßen feiert er ihn im Himmel - denn bisher kann hier drunten keiner von uns 143 Jahre alt werden. Wir kennen Moser aus vielen neckischen Filmen. Als Dienstmann, als Zauberkönig in Oedön Horvaths Geschichten aus dem Wiener Wald und als nuschelnden Diener Ferdinand bei der Gräfin Mariza. Weil man den Mann so schlecht versteht, ist der Text eines seiner besonders zu Herzen gehenden Lieder hier zu lesen (und hier bei YOUTUBE) zu hören:

Die Welt is so schön, und die Welt ist so reich,
Doch ist halt das Leben für alle nicht gleich.
Es geht durcheinander, es ist kunterbunt
Und doch ist die bucklige Welt kugelrund.
Ein jeder Mensch hofft, und ein jeder Mensch strebt,
Doch viele sind da, die umsonst nur gelebt,
Was nützt alles Denken, es gibt nur den Schluß,
Es kommt schließlich alles, wie es kommen muß.

Das Leben hat mir eine Lehre geschenkt:
Es kommt immer anders, als man es sich denkt.
Drum soll man nie sagen, es muß und ich will!
Der Herrgott entscheidet - und du halte still!
Sei immer zufrieden mit deinem Geschick,
Beneide nicht immer die andern um\'s Glück.
Wie schnell kann es anders oft sein über Nacht:
Das Ende wird immer von oben gemacht!

Wenn der Herrgott net will, nutzt es gar nix,
Schrei net rum, bleib schön stumm, sag es war nix.
So war's immer, so bleibt es für ewige Zeit,
Einmal ob'n, einmal unt, einmal Freud', einmal Leid.
Wenn der Herrgott net will, nutzt es gar nix,
Sei net bös, net nervös, denk es war nix.
Renn nur nicht gleich verzweifelt und kopflos herum,
Denn der Herrgott weiß immer warum.

Viele haben inzwischen versucht, dieses Lied zu singen. Auch Erika Pluhar hat sich das nicht nehmen lassen. Ihr ist es geglückt - aber Moser hat den unverwüstlichen Text am überzeugendsten dargeboten. Die Aufnahme lässt einen alten Mann hören, der sich abgefunden hat mit den unsteuerbaren Kontingenzen des Lebens. Hinter allem steht bei ihm das Bild eines „lieben Herrgotts”, wie er seit Jahrhunderten bei den Katholiken der Habsburger Vielvölkerreichskultur als Orientierungsbild unterwegs gewesen sein muss. Immer noch Orientierung im Glauben und für den Wiener Schmäh zugleich. Gott ist alles - eine Mischung aus altem weisem Juden, Kaiser Franz Joseph persönlich mit Backenbart und Ur-Freudschem Vaterarchetyp. Unerreichbar fern und unverständlich - aber im Grunde gut und herzlich. Sogar dann, wenn er straft.

Viele haben diesem Gottesbild den Abschied geben wollen oder müssen. Und das Bild kommt auch nie wieder zurück. Denn es ließ und lässt sich nicht ganz zerstören. Wenn alle Gottesbilder der feministischen Theologie (wenn es die denn überhaupt jemals gegeben hat) mit denen des Strukturalismus und Dekonstruktivismus werden vergessen worden sein, ist das freundliche Gesicht des Herrgotts aus dem Lied des Hans Moser immer noch da.  Als Stehaufmännchen aus der Asche der angeblich inzwischen völlig zerstörten abendländischen Metaphysik lächelt es uns an. Trotz Nietzsche, Auschwitz, Wittgenstein und Sartre. Der liebe Herrgott - ist ein unzerstörbares Konstrukt. Hinter dem Sternenzelt muss einfach ein guter Vater wohnen.

Wehe ihm, wenn nicht. Vor allem aber - wehe uns in solchem Falle!

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer
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