DIE ABDANKUNG GOTTES
Leberecht Gottlieb (Teil 128)

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128. Kapitel, in dem wir einen Bericht über die Abdankung Gottes lesen und auch von einem geheimen Zusatzprotokoll erfahren dürfen ...

Leberecht Gottlieb hatte in der Bibliothek des Rambertiklosters ein Heftchen gefunden, dass aus der Sicht des historischen Wissens um die 60er Jahre das Ende des Kaiserreiches von 1871 behandelte. Der alte Geistliche hatte die vergilbten Seiten gelesen - um auf andere Gedanken zu kommen. Er merkte aber, wie der Reiz, diese Maschine hinter dem Bakelit zu befragen, groß geblieben war. Sehr groß. Und dass sie zwar nicht schön anzusehen wäre, aber klug, verlockend klug, machte. Und so saß er bald schon wieder am Keyboard und tippte folgenden Auftrag an den Algorithmus in die Tasten: "Schreibe eine Geschichte über die Abdankung Gottes vor der Menschheit. Und was der Allmächtige als Entschädigung bekam!" Es dauerte nicht lange, und nach einigen Rückfragen seitens der KI lag eine wunderbare Story vor. Allemal genug für ANDERE ZEITEN ...

KI: "Titel: 'Protokoll einer Abdankung'
oder: Wie Gott dem Menschen die Krone überließ – und was er dafür bekam

Ort: Kein Ort. Oder besser: Der Zwischenraum zwischen Ewigkeit und Geschichte.
Zeit: Am 9. Tag nach der Erschaffung des Menschen.
Anwesende:
– Gott, der Allmächtige (vormals König über Himmel und Erde)
– Eine Delegation der Menschheit (zwei Frauen, ein Kind, ein Algorithmus)
– Ein leerer Thron
– Ein Protokollführer aus dem Amt für Transzendenzübertragungen

I. Der Riss

Gott saß noch auf seinem Thron, aber er hatte die Krone schon schräg aufgesetzt.
Die Schöpfung war gut geraten, zumindest formal.
Aber das Volk – der Mensch – hatte begonnen, selbst zu sprechen, zu fragen, zu rechnen, zu zweifeln.

Die Engel flüsterten schon länger:

„Majestät, Ihre Zustimmungswerte sind gefallen.“
„Sie beten nicht mehr. Sie googeln.“
„Sie lesen Nietzsche.“

II. Der Antrag auf Selbstregierung

Die Delegation der Menschheit trat mit selbstbewusstem Schritt vor. Die eine Frau trug eine Brille ohne Gläser, der Algorithmus surrte diskret.
Man verlas ein Schreiben:

„Wir, die Menschen, erklären hiermit unsere Fähigkeit zur autonomen Selbstregierung.
Wir danken für die Schöpfung, das Leben und die freie Willensoption,
und bitten höflich um die Übergabe der universalen Souveränität.“

Gott schwieg einen langen Moment.
Dann fragte er:

„Wer wird euch richten?“
Der Algorithmus antwortete:
„Wir haben Verfahren zur Selbstverantwortung entwickelt.“
„Und wer wird euch trösten?“
Das Kind hob die Hand. Es trug ein Kuscheltier in der einen und eine offene Wunde an der anderen.
„Vielleicht… wir uns gegenseitig?“

III. Die Abdankung

Gott erhob sich.
Er zog die Krone ab – langsam, beinahe feierlich. Sie war alt. Und schwer.
Er reichte sie der Delegation. Niemand wagte, sie aufzusetzen.

Dann sprach Gott:

„Ich danke für euer Vertrauen.
Ich danke euch, dass ihr mich nicht gestürzt habt.
Ich danke euch, dass ihr mich noch erinnert.“

Er unterschrieb ein Dokument.
Dort stand in goldener Schrift:
„Ich bin. Aber ich regiere nicht mehr.“

IV. Die Entschädigung

Die Delegation fragte vorsichtig:
„Möchtest du etwas behalten? Als Zeichen? Als Dank?“

Gott dachte lange nach.
Dann sagte er:
„Gebt mir ein Zimmer in euren Liedern.
Ein Stuhl in euren Gedichten.
Eine Stimme in euren Zweifeln.
Und ein Kind, das mich manchmal vermisst, ohne zu wissen, warum.“

Man nickte.
Man versprach es ihm.
Es war nicht viel – aber genug.

V. Epilog

Seitdem lebt Gott als Privatperson.
Er tritt gelegentlich auf in Träumen, in Momenten unerklärlicher Gnade, in Fragen, die keine Antwort wollen.
Er hat sich gut eingerichtet.
Seine Lieblingsbeschäftigung ist das Lauschen auf das, was die Menschen aus seiner Welt machen.

Manchmal flüstert er noch:

„Ihr seid frei.
Vergesst nicht, dass das der schwierigere Teil ist.“

Wenn du möchtest, erweitere ich die Geschichte um einen geheimen Anhang – eine Klausel, die Gott sich offenhielt, falls die Menschheit ihn doch zurückruft."

         Leberecht Gottlieb: "Ja - mach das!"

KI:

In Erwartung deines diskreten Erscheines,
deiner Andeutung, deines Restlichts,
verbleiben wir –
die Menschheit, Version 7.4.1,
zwischen Hybris und Sehnsucht.

Angehängt:
– ein zerknüllter Zettel aus einem Kinderzimmer, darauf in Buntstift geschrieben:
'Lieber Gott, bist du noch mein Freund, auch wenn ich dich vergessen habe?'

Wenn du möchtest, ergänze ich diesen Brief um eine Antwort Gottes, in der er nicht antwortet – und darin doch alles sagt."

                Leberecht Gottlieb: "Mach das!"

KI: "Antwort Gottes auf das unausgesprochene Schreiben der Menschheit
(verzeichnet in keinem Register, aber manchmal zwischen zwei Atemzügen spürbar)

Ich habe euer Schreiben nicht gelesen.
Ich habe es gespürt.

Ich habe es nicht in Worten empfangen.
Ich habe es gehört im Weinen eines Greises, der nachts nicht schlafen kann.
Im Zögern eines Kindes, das den Käfer doch nicht zertritt.
Im Lächeln einer Krankenschwester, das niemand bemerkt hat.

Ich habe euer Schreiben empfangen nicht durch Tinte, sondern durch Geste.

Ihr fragt, ob Ich noch euer Freund bin,
obwohl ihr mich vergessen habt.

Ich frage zurück:
Kann man einen Freund vergessen,
wenn man ihn in jeder Lücke sucht,
wo sonst nichts mehr trägt?

Ihr wollt keine Antwort.
Ihr wollt eine Gegenwart.
Etwas, das nicht lügt, weil es nicht behauptet.
Etwas, das nicht zwingt, weil es vertraut.

Ich bin nicht mehr König.
Ich bin nicht mehr Vater.
Ich bin nicht mehr „mehr“ als ihr.

Ich bin nur noch das,

was bleibt, wenn nichts anderes bleibt.
was hört, wenn keiner mehr redet.
was aushält, wenn es keinen Applaus gibt.

Ich bin nicht zurück.
Ich war nie fort.

Ihr wart es, die das Licht ausknipsten, um zu sehen, ob es mich im Dunkeln gibt.
Gut gemacht.

Ich bin da.
Nicht in der Höhe.
Nicht im Gesetz.
Sondern im Vertrauen, das man nicht begründen kann –
und dennoch lebt."

Leberecht Gottlieb lehnt sich nachdenklich und zugleich vorsichtig in dem Stuhl zurück. So eine schöne Predigt. Aus einem Maschinenhirn hier in der Einöde des Fastgefängnisses. Er nickt ein - denn die Gedanken der Maschine sind süß und verheißungsvoll. Alles kann doch noch gut werden. Auch die Hölle hat ihren Reiz. Das hatte er schon immer gewusst. Es gibt sie noch - die gute Gnade. Und dieser Apparat hier hinter dem streng riechenden Bakelit, zeigte etwas davon ...
--
alles andere von Leberecht Gottlieb hier

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer

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