DER FILM ZUR WIRKLICHKEIT
KONKLAVE

Wer hat KONKLAVE gesehen? Hier ist meine Film-Empfehlung! Diesen Streifen sollte man wirklich mitgenommen haben. Schon auch deshalb, um sich selbst auf die Schliche zu kommen. Werde ich entzückt, verärgert oder gelangweilt das Kino verlassen haben, wenn die Sitze nach 120 Minuten wieder quietschend in die Höhe gefahren sind? Denn dann tritt man auf die windige Straße hinaus und fragt sich: Was gerade war das denn? Kirchenverächter werden sich weiterhin zum primitiven Religioten-Bashing berechtigt fühlen. Liebhaber der ecclesia triumphans durften sich an den schönen Aufnahmen aus dem Vatikan delektieren und schauen erfreut in die nahe Zukunft. Tatsächlich steckt nämlich auch jede Menge Sinn in diesem Film. Das vermittels vieler Dialoge und Monologe kunstvoll zusammengestickte Band aus Celluloid hat es in sich. Wer von uns kann schon mit solch tiefsinnigen Überlegungen aufwarten wie die tiptop gekleideten Kardinäle Lawrence und Bellini? Als Wendepunkt des Films gilt das durch eine im Außenbereich stattfindende Explosion berstende Fenster der Sixtinischen Kapelle. Klar - Sprengstoffattentat - und die Täter werden tatsächlich auch unmissverständlich adressiert. Das zerstörte Fenster dient aber nicht nur der Inszenierung kulturfremd-krimineller Religiosität, sondern ist weitreichend theologische Metapher. Nicht nur das Glas zerbricht, sondern die Illusion einer geschlossenen Welt, die längst vorher schon entzwei gegangen war. Und jetzt zeigt der Film wahrhaftig etwas Heiliges: Für den nächsten Tag nämlich erlaubt die Regie dem göttlichen Pneuma, der frischen Luft und der bisher unsichtbar gebliebenen transzendenten Weisheit, sich selbst durch die reale Wunde des kaputten Fensters in die Sixtinische Kapelle eintreten zu lassen. Als Windhauch fährt's  durch’s zerborstene Fenster. Das ist mehr als Symbol. Es versucht, eine Art Theophanie (Gotteserscheinung) filmisch wirklich werden zu lassen.

Die Kardinäle spüren diesen sonderbaren Windhauch. Sie sind nämlich keine verkalkten Greise, sondern weise Männer. Sie wissen jetzt genau, wen sie wählen müssen. Diese Szene, in der sie alle nach dem zerbrochenen Fenster aufschauen, an dessen scharfen Glasscherben sich der Wind flüsternd bricht und dadurch jenes sanfte Sausen erzeugt, von dem Elia schon beeindruckt gewesen war (1.Könige 19,12), ist cineastischer Höhepunkt. Hier wird die alte Wahrheit des mystischen Christentums ins Bild gesetzt: Der Geist kommt nicht durch perfekte Ordnung, sondern durch die Störung nach ihr … „Konklave“ ist nur für unaufmerksame Betrachter langweilig. Die Stärke des Films liegt in seiner unsichtbaren Metaphysik. Es werden hier Fragen gestellt, die weit über die Kirche hinausreichen: Was passiert, wenn das Heilige keinen Ort mehr hat? Ist Weisheit möglich – jenseits von Macht? Kann ein Windhauch mehr Wahrheit tragen als alle Archive und Umfragen?

Am Ende wählt das Konklave nicht den besten Kandidaten, aber den jetzt gerade notwendigsten. Das ist eigentlich keine Lösung, jedoch eine Öffnung. Der neue Papst wird kein Happy-End aus geschickter Strategie und Taktik des einzig uns noch verbliebenen vordemokratisch seriösen Imperiums sein – sondern ein Fragezeichen in Menschengestalt. Der Film passt!

Autor:

Matthias Schollmeyer

Webseite von Matthias Schollmeyer

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