Blick auf andere Reformatoren

Zukunftsträchtig: Die Magdeburger reformierte Gemeinde konnte ihr Gemeindezentrum, das in das Schiff der Wallonerkirche eingebaut wurde, im Mai 2015 einweihen. Auf Befehl des preußischen Kurfürsten wurde die ehemalige Augustiner-Klosterkirche 1690 wallonischen Glaubensflücht-
lingen übergeben, die sie fortan als Gemeindekirche nutzten. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie stark beschädigt. | Foto: Uwe Thal
  • Zukunftsträchtig: Die Magdeburger reformierte Gemeinde konnte ihr Gemeindezentrum, das in das Schiff der Wallonerkirche eingebaut wurde, im Mai 2015 einweihen. Auf Befehl des preußischen Kurfürsten wurde die ehemalige Augustiner-Klosterkirche 1690 wallonischen Glaubensflücht-
    lingen übergeben, die sie fortan als Gemeindekirche nutzten. Im Zweiten Weltkrieg wurde sie stark beschädigt.
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Hugenottentag: Ganz Deutschland feiert Luther. Eine kleine Gemeinde im Herzen Magdeburgs feiert mit. Aber im Juni wird sie zum Treffpunkt derer, die sich auf andere Reformatoren beziehen.

Von Angela Stoye

Im 500. Jubiläumsjahr des Thesenanschlags scheint sich fast alles um Martin Luther zu drehen. Fast. Zumindest in Magdeburg steht vom 23. bis 25. Juni die reformierte Konfession im Mittelpunkt. In der Stadt treffen sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus der ganzen Bundesrepublik zum 50. Deutschen Hugenottentag. »Das haben wir schon vor vier Jahren in Mannheim verabredet«, sagt der reformierte Magdeburger Pastor Helge Hoffmann. In den Gesprächen werde es sicher auch darum gehen, wie die Reformierten zum 500. Reformationsjubiläum stehen. Denn neben Martin Luther seien auch Ulrich Zwingli, Johannes Calvin oder Martin Bucer wichtige Reformatoren gewesen.
Zum Hugenottentag wird in jedem zweiten Jahr in eine Stadt mit hugenottischer Tradition eingeladen. Ausrichter ist die Deutsche Hugenotten-Gesellschaft, die 1890 unter dem Namen Deutscher Hugenotten-Verein vom Prediger der Magdeburger Französisch-reformierten Gemeinde, Henri Tollin, gegründet wurde und ihren Sitz heute in Bad Karlshafen hat. Ihre Ziele sind unter anderem die Bewahrung und Förderung der hugenottischen Tradition in Deutschland sowie die Erforschung der Geschichte, Theologie und Genealogie der Hugenotten. Ihr Präsident heißt Andreas Flick und ist Pastor der Evangelisch-reformierten Kirchengemeinde Celle. Im Februar hat er sich zwecks Vorbereitung des Hugenottentages in Magdeburg umgesehen.
»Das Gemeindezentrum in der Wallonerkirche«, findet er, »ist das Sahnehäubchen.« Aber nicht nur deshalb habe die Hugenotten-Gesellschaft die Einladung nach Magdeburg gerne angenommen. Flick findet es gut, dass in der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland (EKM) der Reformierte Kirchenkreis existiert und »dass der kirchenpolitische Wille besteht, ihn zu erhalten«. Etwa 1 000 Gemeindeglieder gibt es in den fünf reformierten Gemeinden in der EKM. Die in Magdeburg zählt etwa 150. 1934, als es nach 1928 noch einmal einen Hugenottentag in Magdeburg gab, lebten 10 000 Reformierte in der Elbestadt.
Als der französische König Ludwig XIV. am 18. Oktober 1685 das Toleranz­edikt von Nantes aufhob, flohen geschätzt 200 000 bis 250 000 Hugenotten in alle Welt. Der preußische Herrscher Friedrich Wilhelm, genannt der Große Kurfürst, reagierte schnell. Mit dem Aufnahmeedikt von Potsdam vom 29. Oktober 1685 öffnete er den Glaubensflüchtlingen die Türen und räumte ihnen Privilegien wie Steuerfreiheit ein. Nicht ganz uneigennützig, denn das noch immer unter den Folgen des Dreißigjährigen Krieges leidende Kurfürstentum benötigte dringend neue Bewohner – gern mit Spezialkenntnissen in Handwerk und Gewerbe. Von den etwa 44 000 Hugenotten, die nach Deutschland kamen, siedelten sich 20 000 in Brandenburg-Preußen an. Im 1631 zerstörten und später durch eine Pestepidemie entvölkerten Magdeburg ließen sich in der Folge Hugenotten, Wallonen aus Mannheim und Pfälzer nieder. Die Hugenottenkolonie Magdeburg war nach Berlin die zweitgrößte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Das blieb aber nicht so. Als Folge des Zweiten Weltkriegs, in dem die Magdeburger Reformierten fast alles verloren, vereinigten sich 1950 die reformierten Kirchengemeinden der Stadt, die Französisch-, die Wallonisch- und die Deutsch-reformierte Gemeinde zur Evangelisch-reformierten Gemeinde. Nach rund 250 Jahren gab es damals bis zum Mauerbau 1961 eine umgekehrte Wanderung. Während in Magdeburg die Zahl der Reformierten abnahm, stieg sie im westlichen Deutschland. In Celle zum Beispiel lebten vor 1939 rund 400 Reformierte, nach 1945 1 600. Erst vor Kurzem beerdigte Pastor Flick eine alte Dame, die aus Magdeburg nach Celle übergesiedelt war.
In ganz Deutschland bestehen zurzeit rund 250 reformierte Gemeinden. Zum 50. Deutschen Hugenottentag vom 23. bis 25. Juni werden bislang rund 60 Teilnehmer erwartet. Für die Pastoren Helge Hoffmann und Andreas Flick können es gerne noch mehr werden. Die historischen Vorträge, die zum Treffen gehören, stehen aber auch ohne Anmeldung allen Interessenten offen.

Informationen zum Programm und zur Anmeldung: www.hugenotten.de

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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