Rechtspopulismus
Haspel warnt vor "schleichender Normalisierung"

Michael Haspel | Foto: Renate Wähnelt

Berlin (kna) - Vor einer "schleichenden Normalisierung" rechtspopulistischer Positionen in Pfarreien warnt der evangelische Theologe Michael Haspel. Man müsse in manchen Gebieten im Westen damit rechnen, dass in den Kirchengemeinden 10 bis 20 Prozent, im Osten sogar 30 bis 40 Prozent der Kirchenmitglieder "zumindest rechtspopulistisch affin" seien, sagte er dem "Deutschlandfunk Kultur". Dieser Wandel stelle das "Eingemachte in Frage".

Zwar droht nach Einschätzung des Theologen kein Versuch rechts-affiner Christen, im Pfarrleben "gezielt" Einfluss zu nehmen, es komme aber vor, dass Personen mit Kirchenämtern sich der AfD und deren Positionen annäherten und dann die Pfarrei Entscheidungen treffen würde, die mit den Grundüberzeugungen des christlichen Glaubens nicht vereinbar seien. Etwa wenn eine Gemeinde das Friedensgebet für die Ukraine verweigere, weil Russland ein Recht auf das Land zugesprochen werde.

Haspel, der in Jena und Erfurt Systematische Theologie lehrt, lobte, dass die Kirchen sich seit vielen Jahren in Stellungnahmen klar von rechtspopulistischen Positionen abgrenzen würden, räumte aber ein: "Wir haben keine Idee, wie wir damit umgehen sollen, wenn wir vor der Gemeinde stehen und davon ausgehen müssen, dass 30 Prozent diese Positionen vertreten."

Der Theologe empfiehlt Pfarrern, dieses Problem vor Ort auf der Beziehungsebene zu thematisieren, seelsorgerlich Gespräche zu führen. Eine gute "Infrastruktur" und "Unterstützungsstrukturen" seien nötig. Man dürfe keine Angst haben, die Hälfte der Gemeinde ginge verloren. Nötigenfalls müsse man aber auch bereit sein, auf Mitarbeiter zu verzichten.

In der vergangenen Woche hatten die sechs für Ostdeutschland zuständigen katholischen Bischöfe in einem gemeinsamen Appell vor den Umtrieben rechter Parteien gewarnt. Die Bischöfe aller evangelischen Landeskirchen in Ostdeutschland hatten zur Teilnahme an Demonstrationen gegen Rechtsextremismus in der Gesellschaft aufgerufen.

Autor:

Katja Schmidtke

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