Nach Halle
Haseloff: Deutschland hat ein Antisemitismus-Problem

Gedenken an die Opfer des rechtsextremen Anschlags in Halle | Foto: epd-bild/Steffen Schellhorn
  • Gedenken an die Opfer des rechtsextremen Anschlags in Halle
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Magdeburg (epd). Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat zu einer entschlossenen Bekämpfung des Rechtsextremismus aufgerufen. "Der Terroranschlag von Halle, ein versuchter Massenmord an den jüdischen Mitbürgern, war ein Angriff auf uns alle", sagte Haseloff am Mittwoch im Magdeburger Landtag in einer Regierungserklärung. Es habe sich um einen Angriff auf die Menschenwürde und die freiheitliche Demokratie gehandelt. Der Antisemitismus gehe stets mit der Verneinung von Freiheit und Demokratie einher. Er sei eine Gefahr für die grundlegenden Werte der Demokratie.

Dass 75 Jahre nach der Shoa Juden in Deutschland um ihr Leben fürchten müssten, "dafür schäme ich mich". sagte Haseloff weiter: "Deutschland hat ein Antisemitismus- und Rechtsextremismus-Problem." In der Gesellschaft gebe es einen Nährboden für antisemitische Ressentiments. "Wir haben es mit einer Verfestigung und Radikalisierung gewaltbereiter Milieus zu tun. Auch eine Enthemmung der Äußerungen in Wort und Tat ist zu beobachten." Das alles seien keine Randerscheinungen, die Zeichen seien überdeutlich.

Oft seien die Ängste und Klagen der jüdischen Mitbürger für übertrieben gehalten worden, sagte der Regierungschef. "Spätestens nach Halle muss damit Schluss sein in ganz Deutschland!" Jetzt müsse endlich entschlossen gehandelt werden. Der Kampf gegen den Rechtsextremismus müsse umfassend angelegt sein, mit allen Mitteln des Rechtsstaats. "Hetze und Hass dürfen unser Land nicht vergiften."

Haseloff hob die Bedeutung von Aufklärung und Bildung hervor: "Wir alle müssen wachsam und sensibel sein gegenüber offenen und latenten rechtsextremen und antisemitischen Äußerungen und Haltungen in Familie, Schulklassen, Arbeitsteams und der Nachbarschaft. Wir müssen genau hinsehen, uns einmischen, nicht schweigen, sondern entschlossen handeln und energisch widersprechen."

Die AfD forderte im Zusammenhang mit dem Anschlag den Rücktritt von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) und wehrte sich gegen Vorwürfe der anderen Fraktionen, sie trage als "geistige Brandstifter" eine Mitschuld. Zudem bemängelte sie eine Verengung auf den Rechtsextremismus. Vor allem der "importierte Antisemitismus" bei Muslimen sowie bei Linksextremisten sollte aus ihrer Sicht in den Blick genommen werden. Haseloff erwiderte: "Der Täter war ein Rechtsextremist."

Die Links-Fraktion will indes die Einsetzung einer Enquete-Kommission auf den Weg bringen, die unter anderem ein Landesprogramm zur Bekämpfung von Rassismus und Antisemitismus erarbeiten soll. Links-Fraktionschef Thomas Lippmann fügte hinzu, die Landesregierung müsse auch ihre eigenen Fehler der Vergangenheit analysieren. Er sei "betroffen vom Krisenmanagement" der Regierung.

Bei dem antisemitisch und rechtsextremistisch motivierten Anschlag am 9. Oktober in Halle wurden eine 40-jährige Frau und ein 20-jähriger Mann erschossen. Auf der Flucht schoss der Täter auf eine weitere 40-Jährige und einen 41-Jährigen, die dabei schwer verletzt wurden. Der schwer bewaffnete Mann hatte zuvor versucht, in die Synagoge einzudringen, was misslang. Zum höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur hatten sich dort zu diesem Zeitpunkt insgesamt 51 Gläubige versammelt.

Autor:

Katja Schmidtke

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