Ausnahmezustand an der Elbe

Das Finale der Kirchentage zum 500. Reformationsjubiläum wird in den Elbauen mitten im Grünen gefeiert. Eine logistische Herausforderung.

Von Christina Özlem Geisler

Die Fläche am Elbufer misst 40 Hektar oder 56 Fußballfelder. Eine Firma aus Leipzig schafft seit Wochen den Rahmen für die XXL-Veranstaltung zum Abschluss des 36. Deutschen Evangelischen Kirchentages 2017 mit mehr als 100 000 erwarteten Besuchern. Allein die runde Bühne hat einen Durchmesser von 30 Metern und wird von hinten von einer Tribünenanlage umfasst, auf der während des Abschlussgottesdienstes am 28. Mai 6 500 Blechbläser sitzen. Auf der Wiese davor sitzen, stehen oder liegen dann die Besucher. »Die Bühne ist transparent«, sagt Projektleiter Jörg Wagner: »So haben die Gäste je nach Position eine einmalige Sicht auf die Silhouette von Wittenberg.« Wiesen als Kirchentagsareal kennt der Geschäftsführer des Vereins Reformationsjubiläum 2017, Hartwig Bodmann, bereits aus Bremen, Dresden oder Köln. In den vergangenen 24 Jahren hat er zwölf Kirchentage organisiert. »Nirgendwo war die Herausforderung in Sachen Naturschutz so groß wie in Wittenberg«, sagt Bodmann. Die Wiese liegt in einem Biosphärenreservat, ist aber weder Natur- noch Vogelschutzgebiet. Normalerweise wird sie bewirtschaftet. Für eine Großveranstaltung wie den Kirchentag gibt es etliche Vorschriften und Auflagen, um möglichen Schäden an der Natur vorzubeugen.
Bodmann sieht das als selbstverständliche Verantwortung eines Christen, der sich Gedanken um die Bewahrung der Schöpfung macht: »Alles ist grün. So soll es während des Fests bleiben. Und in diesen ursprünglichen Zustand soll es danach bald wieder kommen.« In früheren Zeiten lagerten hier schon Napoleons Truppen, später die Wehrmacht und die Rote Armee. Für die Jubiläumsfeier ist die Wiese ein besonderer Ort, dessen Charme in der Kombination aus dem Blick, der Weite und dem Grün liegt, sagt Bodmann. Weil der Boden wasserdurchlässig ist, ist er nie matschig. Auch aus diesem Grund ist es ein guter Platz für die Großveranstaltung, so Bod­mann. Beschallt wird das Gelände mit 400 Lautsprechern. Dazu gibt es Licht, Mobilfunkantennen, Fernsehkameras und 16 HD-Leinwände. In einem Glockenturm hängen vier frisch gegossene Glocken der Wittenberger Partnerstadt Göttingen mit einem Gesamtgewicht von 7,5 Tonnen. Sie werden von einem Helferteam per Hand geläutet.
Am Ende des Areals reihen sich 2 000 blaue Toiletten-Häuschen. Selbst wenn mehr als 120 000 Besucher kommen und die 320 000 bestellten Flaschen Wasser austrinken, besteht also kein Grund zur Panik, sagt Wagner. Eigens verlegte Bodenplatten garantieren zudem einen barrierefreien Zugang. Neben rollstuhlgerechten Behindertentoiletten gibt es auch Pflege-Container mit Aufzug und Rampe, um Schwerstbehinderte hygienisch zu versorgen. Während der Veranstaltung gilt auf dem Gelände ein absolutes Fahrverbot, deshalb haben die Organisatoren ein eigenes System zur Müllentsorgung entwickelt. Zwölf Container pressen den Müll, den die mehr als 1 500 Helfer des Kirchentags zu Fuß aus den Abfalleimern einsammeln. Für PET-Flaschen und Trinkbecher gibt es ein Pfandsystem. Sie wurden extra schön gestaltet, dass der eine oder andere sie vielleicht als Souvenir mit nach Hause nimmt, berichtet Projektleiter Wagner. Auch so soll Müll gespart werden.
Hinter der Bühne stehen am Festwochenende die Übertragungswagen der Fernsehanstalten neben der Wetterzentrale des Meteorologen und den Einsatzfahrzeugen des Sicherheitskommandos aus Bund, Ländern und Kommune. Wenn nach anderthalb Tagen alles vorbei ist, machen sich die Eventbauer ans Aufräumen. Die Platten sind schnell wieder eingesammelt, der Abtransport des Schotters kann sich etwas hinziehen, sagt Wagner. Spätestens Mitte Juli ist die Wiese aber wieder so, als sei nie etwas gewesen. (epd)

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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