Nachgefragt
Seelsorge als Chance

Superintendent, Notfallseelsorger und Biker: Michael Kleemann | Foto: privat
  • Superintendent, Notfallseelsorger und Biker: Michael Kleemann
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Auf der Frühjahrssynode des Kirchenkreises Stendal ist Michael Kleemann als Superintendent wiedergewählt worden. Es ist seine dritte Amtszeit. Mit Willi Wild sprach er über Kirche in einer säkularisierten Gesellschaft.

Angesichts der Veränderungen, die gerade 2019 mit dem Stellenplan anstehen, warum tun Sie sich so ein schweres Amt an?
Kleemann:
Für mich ist der Umgang mit Veränderungen durch all meine 23 Superintendentenjahre ein ständiger Begleiter. Veränderung ist ein Teil unseres Seins und ich habe nach wie vor Lust zu gestalten. Ich möchte aber wegkommen von den reinen Strukturfragen hin zu den Fragen, wie wir Kirche in dieser säkularisierten Gesellschaft sein wollen und können.

Was genau haben Sie sich vorgenommen für die nächste Amtszeit?
Kleemann:
Ich möchte mit den haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeitenden der Frage nachgehen, was heißt es, evangelisch in der Altmark zu sein und wie wir mit dem Evangelium die fast 80 Prozent der Menschen erreichen, die keiner Kirche angehören.
Die Frage nach einladender Kirche ist da eine wichtige, und einladend heißt für mich nicht nur, wir machen die Türen auf und warten, dass da einer kommt, sondern wir gehen dorthin, wo die Menschen sind.
Eine ernüchternde, aber notwendige Erkenntnis: Der Glauben kommuniziert sich eben nicht von selbst und wird nicht mehr ohne Weiteres im familiären Kontext vererbt.

Als Polizeipfarrer und Biker kommen Sie mit vielen Menschen ins Gespräch. Haben Sie Beispiele und Ideen, vom Glauben zu erzählen?
Kleemann:
Kirche hat immer dann Relevanz, wenn Menschen bei ihren eigenen Lebensfragen berührt werden. Ich sehe die Seelsorge für Menschen in Lebenskrisen als eine gute missionarische Chance. Deswegen haben wir in der Notfallseelsorge, in der Klinikseelsorge, in der Seelsorge unter besonderen Berufsgruppen eine große Verantwortung.
Eine andere Frage ist, wie Menschen vor Ort ihre Kirchengemeinde erleben? Ein Beispiel: Das Dorf hat keine angemessene Trauerhalle mehr, aber viele Dorfbewohner haben für die Kirchensanierung gespendet. Jetzt beschließt der Gemeindekirchenrat: In unserer Kirche darf nur aufgebahrt und zur letzten Ruhe gebracht werden, wer auch Mitglied war. Mich rufen Pfarrer an und berichten eher ängstlich von solchen Anfragen.
Meine große Hoffnung ist, dass es selbstverständlicher wird, dass in jeder Kirchengemeinde das Gefühl für unsere seelsorgerliche Herausforderung vorhanden ist und dass Mitarbeiter auch persönlich entscheiden dürfen, ohne Angst zu haben, dass irgendein Kirchenrecht dagegen steht oder sie gegen Dienstrecht verstoßen. In diesen Situationen werden wir gebraucht. Jetzt kommen die Menschen, jetzt fragen sie. Soll ich sagen, jetzt ist es zu spät?

Autor:

Online-Redaktion

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