Noch im Original erhalten

Detail des Jüngsten Gerichts | Foto: Doreen Jonas

Restaurierung der 400 Jahre alten Wandmalereien in der Stendaler Jacobikirche

Von Doreen Jonas

Schon vor über 100 Jahren war es schwer, Geld für die Sanierung der Wandmalereien der St.-Jacobi-Kirche in Stendal zu finden. Im Unterschied zu heute war es schlichtweg nicht möglich – und das entpuppte sich als ein Glücksfall. Dadurch entgingen die wertvollen Arbeiten aus dem frühen 16. Jahrhundert einer Übermalung, einer Verschönerung nach den damaligen Vorstellungen von Restaurierung – und St. Jacobi verfügt mit den flächendeckenden Darstellungen des Jüngsten Gerichts und des heiligen Christophorus über einzigartige Kunstschätze in der Altmark und darüber hinaus.
Rund 65 000 Euro kostete die jetzt beendete Restaurierung, gefördert wurde sie vom Land Sachsen-Anhalt und der Ostdeutschen Sparkassenstiftung gemeinsam mit der Kreissparkasse Stendal. Initiiert hatte das Vorhaben Pfarrer Karl-Heinrich Schroedter, zu seinem 80. Geburtstag 2008 bat er um Spenden für die Sanierung – und legte so den Grundstock für ein nun vollendetes Projekt.
Zum Glück für die Malereien waren sie lange mit einer Kalkschicht übertüncht gewesen, erst um 1900 erfolgte die Entdeckung. Weitere 100 Jahre später beschäftigte sich die Restauratorin Marie Heyer in ihrer Diplomarbeit mit den Malereien. Pfarrer Thomas Krüger fasst das Ergebnis von damals zusammen: »Die Malereien sind wertvoll, wichtig, und müssten unbedingt restauriert werden.« Er selbst sei zu Beginn skeptisch gewesen angesichts des Zustands. Farbschichten hatten sich gelöst, es gab Hohlstellen im Putz, von Schmutz und Rissen war das Gemälde arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Krüger: »Ich dachte, wir stecken da zigtausend Euro rein – und am Ende sieht es aus wie vorher. Aber so ist es nicht.« Der Pfarrer steht vor dem Bild des Jüngsten Gerichts – und ist begeistert. Vor allem, weil hier in Stendal so viel Original zu sehen ist.
Er vergleicht die Wandmalereien mit dem Abendmahl von Leornardo da Vinci, beides um die gleiche Zeit entstanden. Der Unterschied sei: »Hier bei uns sind 100 Prozent Original, bei Leonardo vielleicht noch fünf Prozent, der Rest ist übermalt, restauriert.« Die originale Farbsubstanz aus dem frühen 16. Jahrhundert sei noch vorhanden. »Das ist doch großartig, man sieht den Pinselstrich des Künstlers!«, sagt Thomas Krüger. Wem die Wandmalereien von St. Jacobi zugeschrieben werden können, ist nicht bekannt. Allerdings gibt es laut Krüger Parallelen zu einem Musterbuch von Albrecht Dürer. Dies beinhalte eine Vorlage des Jüngsten Gerichts, die in Stendal fast exakt wiedergegeben ist. Die Arbeiten markierten den Beginn der Renaissance in der Altmark.
Dass die Darstellung der Hölle nur noch schemenhaft erkennbar ist, liege an unterschiedlich alten Putzen, die bei der Entstehung verwendet wurden. Die Darstellung Jesu und auch des heiligen Christophorus auf der benachbarten Wand hingegen, sind auch in der Farbgebung beeindruckend gut erhalten – für diesen Teil hatte der Künstler nach Art der Fresken in den neuen Putz gemalt.
Nach der Freilegung des Jüngsten Gerichts vor über 100 Jahren hatte die Gemeinde wegen der drastischen Darstellung der Hölle über diesen Teil einen Vorhang gehängt. Das ist natürlich nicht mehr so. Die Gemeinde ist froh über den wiedererlangten Kunstschatz. Aber natürlich, so Pfarrer Krüger, gebe es noch immer das Bedürfnis nach einem schönen Bild. Über die Restaurierung und Bedeutung des Jüngsten Gerichts und auch des heiligen Christophorus soll demnächst ein Prospekt erstellt werden.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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