Glaube wurde zur Heimat

»Verlorene Kirchen Magdeburgs«: Pfarrer Helge Hoffmann an einer 
Gedenktafel für die zerstörte Französisch-reformierte Kirche Magdeburg. Sie gehört zu einem in der Wallonerkirche wiedereröffneten Meditationsweg. | Foto: Angela Stoye
  • »Verlorene Kirchen Magdeburgs«: Pfarrer Helge Hoffmann an einer
    Gedenktafel für die zerstörte Französisch-reformierte Kirche Magdeburg. Sie gehört zu einem in der Wallonerkirche wiedereröffneten Meditationsweg.
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50. Hugenottentag vom 23. bis 25. Juni in Magdeburg

Von Helge Hoffman

Glaube und Heimat? Beides zusammen war für viele der Vorväter und -mütter unserer heutigen Evangelisch-reformierten Gemeinde in Magdeburg nicht zu haben. Sie mussten sich entscheiden: Wenn sie an ihrem Glauben festhalten wollten, dann mussten sie ihre Heimat in Frankreich, in der Wallonie und später in der Pfalz aufgeben. Denn dort gab es, anders als in Mitteldeutschland, am Ende des 17. Jahrhunderts keinen Landesherrn, der seine schützende Hand über die Anhänger der Reformation gehalten hätte.
Und so gaben sie sich ganz in Gottes Hand und verließen ihr Zuhause. Ihr Glaube wurde ihre Heimat. Viele ihrer reformatorischen Erkenntnisse waren geprägt von der Erfahrung der Flucht: Sie trennten sich von den Traditionen der sie verfolgenden Kirche und stellten allein die biblische Botschaft ins Zentrum ihres Denkens und Handelns. Gottes freie Gnadenwahl wurde ihnen wichtig. Die Hoffnung, von Gott erwählt zu sein, war für die Verfolgten in aller Anfechtung ein Fundament des Trostes. Da man ihnen den Zugang zu den Kirchgebäuden verwehrte, versammelten sie sich zum Gottesdienst zunächst in Privathäusern, in Scheunen und sogar auf freiem Feld. Nicht der Ort an sich musste heilig sein. Seine besondere Würde erhielt er dadurch, dass die Gemeinde dort zusammenkam, um Gottes Wort zu hören und gemeinsam zu beten. Abgesehen von einem Tisch für das Abendmahl brauchte er keine spezielle Ausstattung. Ihre Gemeinden organisierten sie von unten her: Jede war für sich alleine vollgültig Kirche – sie brauchte dazu keinen »Überbau«. Leitungsaufgaben kamen nur gewählten Gremien zu. Und aus eigener leidvoller Erfahrung heraus setzten sie sich später an ihren Zufluchtsorten in besonderer Weise für die Armen und Verachteten, die Bedrängten und die Flüchtlinge ein. Einer ihrer namhaften Vertreter, der Reformator Johannes Calvin (1509–1564), war selbst Flüchtling aus Frankreich und lebte und wirkte im Exil in Genf. Manche ihrer Überzeugungen sind in die Gestalt unserer Kirche eingeflossen und für uns heute längst selbstverständlich.
Dieser besonderen Geschichte unserer Vorväter und -mütter wollen wir am letzten Juni-Wochenende nachspüren. Gemeinsam mit der Deutschen Hugenottengesellschaft laden wir vom 23. bis 25. Juni zum 50. Deutschen Hugenottentag in die Magdeburger Wallonerkirche ein. Gemeinsam mit vielen Gästen aus Deutschland und aus Nachbarländern wollen wir die Geschichte lebendig werden lassen und sehen, welche Impulse sie uns für unsere Gegenwart geben kann.

Der Autor ist Pfarrer der Evangelisch-reformierten Gemeinde Magdeburg.
www.ekmd-reformiert.de

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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