Mit Worten berühren
Besuche im Hospiz weiter möglich

Ulrich Wedding | Foto: Foto: Doris Weilandt

Ambulante Hospizdienste und stationäre Einrichtungen begleiten Menschen auf dem letzten Abschnitt des Lebensweges. Da braucht es persönliche Nähe. Wie das in Zeiten von Corona im Hospiz in Jena gelingt, hat Beatrix Heinrichs den Facharzt für Palliativmedizin am Universitätsklinikum Jena, Ulrich Wedding, gefragt.

Das Virus ist für viele Einrichtungen ein Stressfaktor. Wie gelingt es im Hospiz in Jena, Sicherheit und Ruhe zu vermitteln?
Ulrich Wedding:
Das gelingt durch die Einhaltung besonderer Regeln. Die Thüringer Verordnung sieht vor, dass für die Sterbesituation vom grundsätzlichen Besuchsverbot Ausnahmen gemacht werden dürfen – unter Einhaltung aller Hygiene- und Kontaktgebote. Wer zu Besuch kommt, sollte zuvor nicht in einem Risikogebiet gewesen sein, keinen Kontakt zu Infizierten haben, keine Krankheitssymptome zeigen und ganz allgemein keine ansteckenden Krankheiten aufweisen.

Ist unter diesen Bedingungen das Sterben einsamer?
Ziel ist es, auch während der Pandemie Besuche und damit einen würdigen Abschied zu ermöglichen, dabei jedoch einen möglichst großen Schutz für Mitarbeiter und Hausgäste zu gewährleisten. Die Maßnahmen lassen sich im stationären Hospiz wie bei uns in Jena gut umsetzen, da wir hier Einzelzimmer haben. Alle gemeinsam genutzten Räume, wie Aufenthaltsraum oder Küche, stehen im Moment nicht zur Verfügung. Zum Beispiel haben wir, um den Kontakt von Personal und Besuchern gering zu halten, auf der Palliativstation im Klinikum einen Besucherzugang über die Terrasse eingerichtet.

Die Begleitung durch die ambulanten Hospizdienste ist nur telefonisch möglich. Zuspruch ohne Nähe – wie geht das?

Das Verständnis der Angehörigen für die Maßnahmen ist groß und die telefonische Begleitung wird sehr gut angenommen. Ich halte es für wichtig, immer wieder klarzumachen, dass das nicht die Regel, sondern ein Ausnahmezustand ist. So ist vieles eine Frage der Kommunikation. Im Moment wird versucht, das, was an körperlicher Zuwendung fehlt, ins Gespräch einfließen zu lassen. Man kann darüber reden und sagen, dass es jetzt schön wäre, könnte man die Hand des anderen halten oder ihn in den Arm nehmen. Auch so entsteht Nähe.

Was wünschen Sie sich als Lehre aus dieser Krise?
Die Situation der Pandemie schärft das Bewusstsein für die Endlichkeit des Lebens. Vor diesem Hintergrund stellt man sich ganz andere Fragen. Die Menschen machen sich im Moment mehr Gedanken darüber, was für sie in ihrem Leben wirklich wichtig ist. Was uns immer als selbstverständlich galt, ist es tatsächlich nicht. Ich wünsche mir, dass diese Erkenntnis beiträgt zu einer bewussteren und dankbareren Freude über das, was uns tagtäglich möglich ist.

Autor:

Beatrix Heinrichs

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