Glücksfall für das Dorf

Neues Zuhause in einem Gemeindehaus, dessen Abriss schon diskutiert wurde: Ulrike Hippe mit ihrer Tochter Fiona im Garten, im Hintergrund die Kirche von Pehritzsch | Foto: Ruth Weinhold-Heße
  • Neues Zuhause in einem Gemeindehaus, dessen Abriss schon diskutiert wurde: Ulrike Hippe mit ihrer Tochter Fiona im Garten, im Hintergrund die Kirche von Pehritzsch
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Junge christliche Familien bringen neues Leben ins alte Pfarrhaus von Pehritzsch

Von Ruth Weinhold-Heße

Eine Gruppe Leipziger Christen nennt das 400-Seelen-Dorf Pehritzsch, einen Ortsteil von Jesewitz im Landkreis Nordsachsen, seit Kurzem ihr Zuhause. Sie sind eingezogen in ein Gebäude auf dem Pfarrgrundstück, das seit vier Jahren leer stand.
Der Gemeindekirchenrat hatte sich bereits mit Abrissplänen schwergetan. Nun hat die Kirchgemeinde über eine Anzeige in einer christlichen Zeitschrift neue Pächter gefunden. Für das Dorf seien die drei Familien mit insgesamt sechs Kindern ein »Glücksfall«, so Pfarrer Friedemann Krumbiegel, der Pehritzsch neben zehn Kirchorten im Kirchspiel Krostiz betreut. Für die Kirchgemeinde »eine Stärkung«.
Glauben und Alltag miteinander teilen – das war der Traum, den alle drei Paare lange hegten. »Die Idee ist, dass wir irgendwann eine generationsübergreifende Gemeinschaft leben und Menschen für kürzere Zeit aufnehmen können, die eine Auszeit aus ihrem Alltag brauchen«, sagt Ulrike Hippe.
Die Suche nach einem passenden Objekt führte die Gruppe zu rund 20 Grundstücken. In Pehritzsch gab es neben dem sanierungsbedürftigen Pfarrhaus einen Bau von 1988, in dem zuletzt ein katholischer Verein Schulungen für osteuropäische Religionspädagogen anbot. Die trugen sich 2013 nicht länger finanziell, und plötzlich stand die Kirchgemeinde vor leeren Gebäuden, die sie nicht verfallen lassen wollte, inklusive ungeklärten Pachtverhältnissen. Die Gemeinde hatte keine Rücklagen, um die Gebäude selbst zu erhalten.
Ramona Steinberg erzählt von der Anzeige, die der Gemeindekirchenrat schaltete. Niemand glaubte ernsthaft, dass das funktioniert. »Als mir die Gruppe ›Die Konspirative‹ ihr Konzept schickte, habe ich sofort gedacht, die passen nach Pehritzsch: Sie sind Christen, wagen etwas Neues und wollen sich auch sozial engagieren«, sagt die Kirchenälteste. In den ersten Gesprächen sei es darum gegangen, wie man zueinander stehe, erzählt Pfarrer Krumbiegel. Die katholische Kapelle werde weiterhin von der Gemeinde im Winter genutzt. Zu hohen Erwartungen tritt »Die Konspirative« aber entgegen: »Wie wir am Gemeindeleben teilnehmen, müssen wir erst noch herausfinden«, betont Jens Hempel.
Der Name »Konspirative« leitet sich vom Lateinischen »con spirare« ab, übersetzt: gemeinsam atmen oder leben. Was das bedeutet, muss sich zeigen. Juran Benetti, gebürtiger Südtiroler, Katholik und Tattoostudio-Besitzer, erzählt bei Kaffee und Kuchen: »Wir haben noch keinen fixen Tagesplan. Meistens sitzen wir abends zusammen, halten Rückschau und beten.« Seine Frau Ulrike Hippe ergänzt: »Weil man sich so oft sieht, fällt der Austausch leichter. Da reden wir auch mal über Themen, die man sonst nur schwer anderen gegenüber anspricht, wie Kindererziehung.« Auf Dauer sollen Leben und Arbeit auf dem Land verbunden und neue Formen geschaffen werden. »Als Gemeinschaft wollen wir lieber zur Verbindlichkeit hinwachsen, als ein anderes Modell zu kopieren, was nicht zu uns passt«, sagt Arndt Kempe.
Die Gruppe übernahm den CVJM Terebinthia Verein in Weinböhla, der seine Offene Schülersozialarbeit schließen musste. Der Erbbaupachtvertrag für die Gebäude beläuft sich auf 75 Jahre und hatte einen symbolischen Preis. Zusätzlich fällt eine jährliche Pachtrate für das Gelände an.
Die Kirchenälteste Ramona Steinberg ist erleichtert, dass die Gebäude weiter genutzt werden. Enttäuscht ist sie über eine kirchenrechtliche Regelung: »Das Risiko und die Arbeit, Pfarrhäuser nicht verfallen zu lassen, trägt die Gemeinde vor Ort, aber das Geld landet in einem Fonds zur Pfarrbesoldung«, führt sie aus. »Da ist noch Veränderung nötig, denn wenigstens teilweise sollten die Erlöse der Ortsgemeinde zugute kommen.«

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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