Die Schöpfung erhalten
Glauben und Garten

Auf Engelshaar gebettet, lässt es sich gut aushalten. Kapuzinerkresse und das gelbe Johanniskraut bieten auch einem Kätzchen einen wirklich himmlischen Platz im Kirchengarten in Weimar-Ehringsdorf. | Foto: Foto: Paul-Philipp Braun
  • Auf Engelshaar gebettet, lässt es sich gut aushalten. Kapuzinerkresse und das gelbe Johanniskraut bieten auch einem Kätzchen einen wirklich himmlischen Platz im Kirchengarten in Weimar-Ehringsdorf.
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Von Paul-Philipp Braun
"Die schöne Gärtnerin" ist wohl eines der bekannten Werke Raffaels. Es zeigt Maria, vor der ein kindlicher Jesus und Johannes der Täufer zu spielen scheinen. Dass die Mutter Jesu ausgerechnet als Gärtnerin dargestellt oder zumindest so bezeichnet wird, das ist kein Zufall. Immer wieder stößt man auf ähnliche Vergleiche. So wird etwa die Autonome Mönchsrepublik Berg Athos auch liebevoll als "Garten der Panagia" (wobei Panagia ein im Ostkirchlichen gebräuchliches Synonym für die Gottesmutter ist) benannt.
Und dennoch sind die Vergleiche Marias mit einer Gärtnerin nur ein winziges Bruchstück des Zusammenhangs zwischen christlichem Glauben und dem Garten. Gut 60 Male wird das Wort Garten in der aktuellen Übersetzung der Lutherbibel erwähnt und steht dabei – trotz gestalterischer Differenzen – immer wieder als Sinnbild für die Schöpfung. Zahlreiche zentrale Ereignisse finden in den Gärten der Bibel ihren Ausgangspunkt. Doch nicht immer sind diese Geschehnisse auf den ersten Blick auch positiv besetzt. Ganz gleich, ob es um den Sündenfall in Eden geht oder den Jesu Höhlengrab umgebenden Garten. "Setzt euch hierher, bis ich gebetet habe" (Markus 14,32), sagt Jesus, als er am Abend des Gründonnerstags mit seinen Jüngern nach Gethsemane geht und damit erneut ein Garten eine biblische Bekanntheit erlangt.
Unumstritten stellt auch das Hohe Lied einen zentralen, wenn nicht sogar den schönsten Bereich der Garten-Rezeption der Bibel dar. Die gegenseitigen Vergleiche des Liebespaares mit den Werten der Natur stechen noch einmal aus den bereits angeführten Beispielen heraus. Sie zeigen, wie eng Erotik, Liebe und Bewunderung mit der göttlichen Schöpfung verwoben sind.
Dabei ist die Rolle der Gärten in allen Erwähnungen der Bibel eine wohlkalkulierte, die sich schon aus den klimatischen und umweltlichen Bedingungen der Stammländer der Heiligen Schrift ergibt. Trockenheit und Wüste bestimmen weite Teile des Nahen Ostens. Wer dort einen Garten mit schattenspendenden Gewächsen und kühlem Nass findet, der kann sich glücklich schätzen. Begrünte und gartenartige Flächen sind in diesen Breiten eher die Ausnahme als die Regel. Umso wichtiger ist es, diese wertvollen Flecken Erde nicht nur zu nutzen, sondern auch zu bewahren.
Diese Erhaltung der Schöpfung ist jedoch nicht nur in den großen und kleinen Oasen und Parks des südlichen und östlichen Mittelmeerraumes ein Thema. Auch in Mitteleuropa sind Gärten seit jeher untrennbar mit der Religionsausübung verbunden. Klostergärten stellen seit dem Mittelalter einen Hort für Heil- und Kräuterpflanzen dar, in Kirchenwäldern können Flora und Fauna unmittelbar unter dem Schutz des Höchsten und seiner Mitstreiter gedeihen.
Auch im Protestantismus haben Gärten ihren festen und schon seit dem Beginn der Reformation bestehenden Platz. Waren Pfarrhäuser in den ersten Jahrhunderten noch weitestgehende Selbstversorger, mussten Obst, Gemüse und Gewürze oftmals aus dem eigenen Garten kommen.
Nicht wenige Geistliche machten sich nicht nur als Theologen, sondern besonders als Botaniker einen Namen. Der katholische Priester Korbinian Aigner etwa trug den Beinamen des "Apfelpfarrers", da er nicht nur predigte, sondern auch alle ihm zugänglichen Apfelsorten dokumentierte und sich so einen fundierten Ruf als Pomologe erarbeitete. Bis heute hält sich die Tradition des Pfarrgartens. Dabei ist dessen Rolle, der lange eine Art Zwitterfunktion zwischen privatem Anbau des örtlichen Pfarrhaushalts und dem öffentlichen Gemeindegrund einnahm, jedoch bei Weitem nicht mehr so relevant wie einst. Trotzdem werden Kirche und Gläubige nicht müde, sich mit dem Garten als solchem und vor allem als Sinn-bild der Schöpfung zu beschäftigen.
Nachhaltige Projekte, wie das "Ökumenische Vernetzungstreffen zur Bewahrung der Schöpfung" oder der "Ins Herz gesät"-Beitrag zur Bundesgartenschau Erfurt 2021, Initiativen rund um das Thema Kirchenwald und Forschungsprojekte zur Bedeutung des Pfarrgartens sind wichtiger Bestandteil christlichen Lebens. Nicht nur Eden: Der christliche Glaube ist eng und vielfältig mit dem Garten verwoben. Die Schöpfungsbewahrung spielt dabei immer wieder eine zentrale Rolle.

Autor:

Paul-Philipp Braun

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