Vier Pfoten als Türöffner

Keine Berührungsängste: Labrador Lenyo im Spiel mit Helga Sikora (li.) und seinem Frauchen Corinna Blume | Foto: epd-bild
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Als Labrador Lenyo seine Vorderpfoten auf ihren Rollstuhl stellt, beginnt die 90-jährige Helga Sikora aus vollem Herzen zu lachen. Die Bewohnerin einer Usinger Seniorenpflege hatte vor fünf Jahren einen Schlaganfall, seitdem ist ihre linke Körperhälfte gelähmt. Im Umgang mit fremden Menschen wirkt die gepflegte Frau mit den weißen Haaren zurückhaltend, fast skeptisch.
Nicht aber bei Therapiebegleithund Lenyo. Er und sein Frauchen, die Pflegeberaterin Corinna Blume, besuchen regelmäßig Senioren. Einige sind körperlich eingeschränkt, andere sind dement. Mit allen machen sie Beweglichkeits- und Gedächtnisübungen. »Jetzt musst du warten«, raunt Sikora Lenyo schelmisch zu, während sie versucht, mit der gelähmten Hand einen Ball zu werfen. Die gelernte Krankenschwester Blume hat eine große Auswahl an Spielen mitgebracht. Da gibt es etwa ein Paar Socken, das sich Sikora über die Hände streifen soll. Lenyo zieht die Strümpfe vorsichtig mit seinen Zähnen von den Händen ab. Anschließend werden sie mit Wäscheklammern an eine Leine gehängt. »Alles, was mit Feinmotorik zu tun hat, ist gut für das Gehirn«, erläutert Blume. Und tatsächlich kommt die 90-Jährige während der Aufgabe ins Plaudern: Als sie drei Jahre alt war, habe sie einen Hund bekommen, erzählt sie. »Ich war krank und habe die Nelly gekriegt, damit ich nicht alleine bin.«
Therapiebegleithunde werden in vielen Bereichen eingesetzt, weiß Heike Külpmann vom Deutschen Berufsverband für Therapie- und Behindertenbegleithunde. Sie arbeiten unter anderem in Altenheimen, Schulen oder ergotherapeutischen Praxen mit. Wie viele es in Deutschland gibt, sei schwer zu sagen, erläutert Külpmann. »Der Begriff ist leider nicht schützbar, auch Hundeschulen bilden mittlerweile Therapiehunde aus.« Beim Berufsverband durchlaufen jährlich etwa 40 Teams, bestehend aus Hund und Führer, die insgesamt 21-tägige Ausbildung.
Dazu gehören verschiedene Übungen, außerdem muss der Hund einen Wesenstest bestehen: Ist er menschenfreundlich? Lässt er sich gern streicheln? Ist er gehorsam?
»Ein Hund ist einfach ein Türöffner«, erlebt Corinna Blume immer wieder. Gerade Demenzpatienten zögen sich häufig in sich zurück, um nicht aufzufallen. Wenn aber Lenyo dabei sei, fingen sie an zu reden, erzählt die Pflegeberaterin. »Ein Hund urteilt nicht über andere, da fallen die Berührungsängste weg.« Viele hätten zudem früher selbst einen Hund gehabt.
Die Aufgaben in der Therapie trainierten das Gedächtnis, regten die Durchblutung an und könnten eine Demenz verlangsamen, erläutert Blume. Die Anwesenheit des Hundes habe zudem eine beruhigende Wirkung auf Puls und Atmung der Patienten. Blume sieht in der Therapie mit Hund noch ein weiteres großes Plus: »Für Lenyo sind die Senioren motiviert, etwas gemeinsam zu machen.«
Eine Patientin mit Demenz habe sich beispielsweise geweigert, zu duschen, erinnert sie sich. Von Mensch zu Mensch sei sie da nicht rangekommen. »Also habe ich ihr erzählt, dass Lenyo für seine Hundeschule gewaschen werden soll.« Am Ende duschten Hund und Patientin nebeneinander. (epd)

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Kirchenzeitungsredaktion EKM Nord

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