»Eine Andacht muss jeder Christ halten können«

Martha Pluder arbeitete bis zu ihrem Ruhestand als Krankenschwester. | Foto: Thomas Altmann
  • Martha Pluder arbeitete bis zu ihrem Ruhestand als Krankenschwester.
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Seit zehn Jahren lädt Martha Pluder alle zwei Wochen sonntags in die Kirche von Buko ein

Von Thomas Altmann

Wenn die Glocken schweigen, lange schweigen würden und dann doch einmal läuteten, dann höre man vielleicht auch die Frage, ob es irgendwo brenne. Das möchte sie nicht.
Martha Pluder hält seit zehn Jahren Sonntagsandachten in Buko, einem kleinen Ort, gelegen in den südwestlichen Ausläufern des Flämings. Den Kern der Kirche im Dorf bildet ein romanischer Feldsteinbau, typisch für die Gegend. Im 18. Jahrhundert ausgebrannt, wurde die Kirche beim Wiederaufbau barock überformt. Seit einigen Jahren schwebt auch der Taufengel wieder in der Kirche. Die Flügel blieben ihm. Die Arme und ein Fuß sind verloren.
1999 zog Martha Pluder zusammen mit ihrem Mann von Halle nach Buko. Damals habe sie Buko als frommes Dorf erlebt. »Die Kirche war gut besucht. Thomas Meyer war Pfarrer«, sagt sie. Dann sei es immer trauriger geworden. Gottesdienste habe es anfangs einmal im Monat gegeben, dann nur noch vierteljährlich. Das habe sie traurig gestimmt. Als sie dieses Problem in ihrer Familie, der einige Theologen angehören, thematisiert habe, sei vorgeschlagen worden, dass sie doch Lesegottesdienste halten solle. Nein, das könne sie nicht. Dann seien Sonntags­andachten vorgeschlagen worden. »Ja, dachte ich, eine Andacht muss jeder Christ halten können«, sagt Martha Pluder. So habe sie einen Antrag an den Gemeindekirchenrat gestellt. Dem wurde stattgegeben. Nun hält die Krankenschwester in Rente seit genau zehn Jahren aller 14 Tage Sonntagsandachten in Buko, eingetaktet in den Rhythmus der Gottesdienste.
21 seien es im vergangenen Jahr gewesen.
Vor der ersten Andacht im Januar 2007 habe sie schlaflose Nächte gehabt. Dann habe sie die Losung gelesen: »Jesaja. Ich bin der Herr, dein Gott, fürchte dich nicht. Ich helfe dir – das war wie für mich gemacht«, sagt sie, noch immer ergriffen. Der Begriff Sonntagsandachten ist Martha Pluder sehr wichtig. »Wir lesen den Psalm, sprechen das Glaubensbekenntnis, den Monatsspruch, den Segen, das Vaterunser. Ohne Liturgie natürlich. Und außerdem möchte ich den Menschen den Begriff Sonntag ins Herz legen.«
Wenn die Glocken in den Dörfern schwiegen, was bliebe von der Kirche, fragt sie. Neue Strukturen?
Aber welche? Es seien doch die vielen alten Menschen, in ihrer konkreten Situation. »Die nehmen viele Tabletten, die freuen sich, wenn sie es in ihre Kirche schaffen, die können nicht ins Auto steigen.« Angewiesen seien wir, »auf meine Hände, auf viele Hände«.
Vor der Kanzel, im Altarraum der Kirche wolle sie nicht fotografiert werden. Die Andachten fänden immer in der kleinen Winterkirche unter der Orgelempore statt. Da sei man beieinander. Noch stehen Ochs und Esel in der Kirche. Und ja, dem Engel gingen die Hände verloren. Die Flügel blieben ihm.

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