Anhalt-Synode
Strategiepapier schlägt Abschaffung von Kirchenkreisen und Landeskirchenrat vor

Gemeindezentrum St Georg in Dessau, Ort der Herbsttagung der Landessynode Anhalt  | Foto: Willi Wild
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Die Evangelische Landeskirche Anhalts steht vor einem tiefgreifenden Umbruch. Am heutigen Freitag berät die in Dessau-Roßlau tagende Landessynode über ein Strategiepapier. „Anhalt 2035“ ist von einem Sonderausschuss erstellt worden. Es sieht den Wegfall der kompletten mittleren Ebene, des Landeskirchenrates und zahlreicher weiterer Strukturen der kleinsten deutschen Landeskirche vor.

Von Benjamin Lassiwe

Wie es in dem Papier heißt, befände sich die Landeskirche vor existentiellen Herausforderungen. Seit 2012, als sie noch rund 42.000 Mitglieder zählte, sei die Landeskirche auf nur noch 23.403 Mitglieder geschrumpft. „Setzt sich diese Entwicklung fort, so prognostizieren wir bis zum Jahr2035 einen weiteren Rückgang auf etwa 14.000 Mitglieder“, heißt es in dem Papier, das den Synodalen als Tischvorlage ausgeteilt wird. Daraus ergäben sich unmittelbare finanzielle Implikationen: „Bestenfalls würde, bei gleichbleibenden Ausgaben, bis 2035 das strukturelle Defizit des landeskirchlichen Haushalts 4,8 Millionen Euro, schlechtestenfalls würde es 10,4 Millionen Euro betragen.“

Daher wolle sich die Landeskirche bis 2035 von ihrem „staatskirchlichen Erbe“ lösen. „Sie konzentriert sich darauf, Kirche zu sein als eine Gemeinschaft, die der Mitteilung und Realisierung der Botschaft von der freien Gnade Gottes dient und die dort stattfindet, wo Menschen sich versammeln, um das Evangelium denkend und fühlend zu ihrer Glaubensüberzeugung zu machen und es handelnd umzusetzen“, heißt es in dem Text. „Die Landeskirchengemeinde ist eine Gestalt der geistgewirkten christlichen Gemeinschaft, die regelmäßig erfahren und gepflegt wird.“ Die Kirche sollte sich „weniger als ein durch bürokratische Strukturen und Verfahren geprägtes und von Hauptamtlichen getragenes Gebilde, sondern mehr als geistliche Bewegung“ begreifen.

Geplant ist unter anderem ein deutlicher Stellenabbau. Derzeit komme in Anhalt ein Pfarrer auf 611 Gemeindeglieder. In der Nordkirche werde eine Quote von 2000 Kirchenmitgliedern pro Pfarrer angestrebt. Es sei „eine Frage des Anstands“ gegenüber den Geberkirchen des EKD-Finanzausgleichs, hier etwas zu verändern. Priorität müsse hier die Arbeit in den Gemeinden haben, da sie das größte missionarische Potential aufweise. In Anhalt gebe es derzeit noch 23,5 Gemeindepfarrstellen. Gleichzeitig hätten 60 der 125 Kirchengemeinden nur noch zweistellige Mitgliederzahlen, 26 davon weniger als 50 Mitglieder. „Diese in Relation zur Mitgliederzahl der Landeskirche wie der Gemeinden viel zu umfangreiche Organisation bindet zu viele Ressourcen“, heißt es in dem Papier. „Zu viel Zeit, Geld und Arbeitskraft müssen in verwaltende Tätigkeiten investiert werden, anstatt in religiöses Handeln fließen zu können.“

Die Landeskirche soll deshalb bis 2030 eine neue Kirchenverfassung erarbeiten. Vorgeschlagen ist eine deutliche Verkleinerung der Landessynode auf nur noch 20 Mitglieder, die an einem festen Ort, in einem landeskirchlichen Zentrum, tagen soll. „Anstelle eines konsistorialen Kollegiums320mit drei bis fünf Hauptamtlichen (Landeskirchenrat) und eines konsistorial-synodalen Mischgremiums mit zu diesen hinzutretenden fünf Ehrenamtlichen (Kirchenleitung) soll es nur noch eine Entscheidungsinstanz geben, bestehend aus zwei Hauptamtlichen und drei Ehrenamtlichen (Kirchenleitung)“, heißt es in der Vorlage. Der Kirchenpräsident, der auch den Titel „Bischof“ oder „Landesoberpfarrer“ führen köntne, und der Präsident des Kirchenamts werden als hauptamtliche Mitglieder der Kirchenleitung von der Synode gewählt. Das Landeskirchenamt soll zu einer Servicestelle werden, die die Gemeinden von Verwaltungsaufgaben entlasten soll.

„Da die Landeskirche in kritischer Distanz zu ihrer eigenen Existenz und der darin liegenden Gefahr von Selbstherrlichkeit agiert, ist sie auch bestrebt, durch Kooperationen in die Lage versetzt zu werden, mit einer oder mehreren Nachbarkirchen zu fusionieren“

Abgeschafft werden sollen Kirchenkreise und Kreisoberpfarrer. Ihre Kosten, vor allem beim Personal, lägen derzeit bei jährlich 355.000 Euro. Sie würden bis 2034 um weitere 100.000 Euro anwachsen. Durch den Wegfall der Kreissynoden werde die in Gremien verbrachte Zeit von Haupt- und Ehrenamtlichen reduziert. „Spätestens mit dem ersten Ruhestandseintritt eines Kreisoberpfarrers bzw. einer Kreisoberpfarrerin 2028 wird das Kreisoberpfarrsystem beendet“, heißt es in dem Dokument. Auch die Sekretariate der Kreisoberpfarrämter würden nicht mehr besetzt. Hier seien „sozial verträgliche Regelungen“ zu treffen, Den Status als Körperschaften des öffentlichen Rechts sollen in der Landeskirche nur noch fünf große Gebietsgemeinden erhalten, die den heutigen Kirchenkreisen entsprechen. Alle in deren Gebiet liegenden Ortsgemeinden sollen durch landeskirchlichen Hoheitsakt als Körperschaften des kirchlichen Rechts eingestuft und organisiert werden.

In Frage stellt das Papier auch die weitere Selbstständigkeit der anhaltischen Kirche. „Da die Landeskirche in kritischer Distanz zu ihrer eigenen Existenz und der darin liegenden Gefahr von Selbstherrlichkeit agiert, ist sie auch bestrebt, durch Kooperationen in die Lage versetzt zu werden, mit einer oder mehreren Nachbarkirchen zu fusionieren“, heißt es in dem Konzept.

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