Kanzelweihe in Bielen
Wenn Gesichter erzählen...

Das Antependium wurde beim Einzug in die Kirche mit hereingetragen. Genäht haben es Ehrenamtliche, die sich regelmäßig in den Gemeinderäumen treffen. Sie haben auch die Bankauflagen für den Fest-Gottesdienst neu genäht. Viel ehrenamtliches Engagement war in Bielen am Wochenende zur Kanzelweihe zu sehen. | Foto: Regina Englert
  • Das Antependium wurde beim Einzug in die Kirche mit hereingetragen. Genäht haben es Ehrenamtliche, die sich regelmäßig in den Gemeinderäumen treffen. Sie haben auch die Bankauflagen für den Fest-Gottesdienst neu genäht. Viel ehrenamtliches Engagement war in Bielen am Wochenende zur Kanzelweihe zu sehen.
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Als Kind musste Christina Mitzlaff erleben, wie die Kanzel in ihrer Heimatkirche St. Martin-und-Johannes in Bielen brachial von der Wand geschlagen wurde. Und nicht nur das, die Kirche sollte teilabgerissen werden. „Warum brauchen die Menschen ihre Kirche nicht mehr?“, fragte sich die Konfirmandin damals traurig. Am Sonntag durfte sie als Vorsitzende des Gemeindekirchenrates und Mitglied des Fördervereins die Wiederindienstnahme der rekonstruierten Kanzel in der festlich geschmückten Kirche feiern. Die Freude war groß und nicht nur sie rang um Worte und Fassung. Auch der Vorsitzende des Fördervereins Jochen Bühling war sichtlich bewegt. Das kleine Wunder im Pappkarton – die Rekonstruktion der „Bielschen Kanzel“ ausgehend von ein paar Brettern, die im Schuppen aufbewahrt wurden, ist gelungen. „So ist Geschichte“, resümiert Mitzlaff während des Festaktes. Damals habe man nicht gedacht, dass man die Reste jemals wieder verwenden würde. Doch die Zeit ändert manchmal auch den Blick auf die eigene Geschichte.

Das Projekt hatte nicht nur Freunde. „Ihr wollt die Kanzel wiederhaben? Wieder über die Köpfe der Menschen hinweg predigen? Das ist nicht zeitgemäß!“, so klang es aus mehr als einer Kehle, erzählte Christopher Bischoff in seiner Predigt. Doch der junge Lektor aus Bielen sagte deutlich, dass es wohl nicht an der Kanzel läge, wenn über die Köpfe der Menschen hinweg gepredigt würde, das ginge auch vom Boden aus. Die Kanzel sei vielmehr ein Bindeglied zwischen Himmel und Erde. Im Beisein des Regionalbischofs Dr. Christian Stawenow durfte Christopher Bischoff die erste Predigt von der alten-neuen Kanzel halten. Dass er beim Aufgang zur Kanzel vor Aufregung die Bibel vergaß, das wird wohl in die Bielsche Chronik eingehen. Und es lockerte gleich die Stimmung auf. Doch das war nicht das Wichtigste an diesem Tag, mit seinen Worten hat er die Bielener und Gäste erreicht.

Und derer gab es viele. Von Landrat Matthias Jendricke über Nordhausens Oberbürgermeister Kai Buchmann bis zum Mitglied des Landtages Dagmar Becker saßen etliche bekannte Gesichter in den Kirchenbänken. In den Grußworten kam immer wieder zum Ausdruck, dass die Kanzelrekonstruktion nicht das letzte Projekt der Bielener sein wird. Zu viel muss noch getan werden. Seit sich der Kirchbauverein 1996 gegründet hat, wurde zwar viel geschafft, aber fertig ist man noch lange nicht. Architekt Sixtus Hermanns ist seit 1994 aktiv an der Rettung beteiligt und erinnerte sich beim Festakt genau an die traurigen Zustand der Kirche zu Beginn seiner Arbeit.
Die notwendigen anpackenden Hände, die hat die Gemeinde, das war am Festwochenende deutlich zu sehen. 35 m Girlande wurden gewickelt, alle Sitzpolster neu genäht, die Kirche vom Feinsten geschmückt, das Kuchenbuffet war mehr als reichlich, die Vereine alle mit im Boot. Mit so viel ehrenamtlichem Engagement kann man wirklich getrost in die Zukunft schauen. Finanziert wurde die Kanzelrekonstruktion durch den Kirchbauverein Bielen e.V., er sammelte mit vielen Aktionen das notwendige Kapital. Die Arbeit wird ihm so schnell nicht ausgehen. Es bleibt spannend in Bielen.

Regina Englert

Autor:

Regina Englert

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