Gesichter, die vom Unaussprechlichen erzählen

»Mitmenschlich in Thüringen«: Jose Manuel Paca vom Ausländerbeirat der Stadt Erfurt (links) im Gespräch mit Ministerpräsident Bodo Ramelow bei der Ausstellungseröffnung. | Foto: Jens-Ulrich Koch
  • »Mitmenschlich in Thüringen«: Jose Manuel Paca vom Ausländerbeirat der Stadt Erfurt (links) im Gespräch mit Ministerpräsident Bodo Ramelow bei der Ausstellungseröffnung.
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Ausstellung in Erfurt zeigt Porträtfotografien von Geflüchteten, die in Thüringen Schutz und Aufnahme fanden

Von Katharina Hille

Die Augen der Porträtierten nehmen den Betrachter fest in den Blick: bittend, mutig, ernst, zuversichtlich. Die Gesichter lassen das Leid ahnen, das sie erlebt haben und nun hinter sich zu lassen versuchen. Sie machen neugierig, mehr über die Geschichte derer zu erfahren, die da mit wachen Augen in die Kamera von Michael Döhler geschaut haben.
Der Erfurter Fotograf hatte die Idee zur Ausstellung »Gesicht wahren«, die am letzten Wochenende im Haus »Franz Mehlhose« in Erfurt eröffnet wurde. Sie zeigt Porträtfotografien geflüchteter Menschen, die in Thüringen Aufnahme und Schutz gefunden haben.
Über Romy Arnold vom Bündnis »Mitmenschlich in Thüringen« fand er Kontakt zu Geflüchteten, die bereit waren, ihre Gesichter und Lebensgeschichten ins Licht der Öffentlichkeit zu bringen. Behutsam näherte sich der Fotograf seinen Gesprächspartnern und Fotomodellen. Es hieß beim Fotografieren nicht: Bitte lächeln, sondern: Schauen Sie möglichst ohne Emotion! »Ein frontales Bild mit einem neutralen Gesichtsausdruck ist einfach intensiv«, sagt Döhler, der im Hauptberuf Krankenpfleger ist. Von den Ergebnissen ihrer Arbeit waren letztlich alle Beteiligten überrascht. Die Ausstellung gibt Menschen aus verschiedenen Ländern und mit ganz unterschiedlichen Geschichten ein Gesicht und eine Stimme.
In kurzen, individuellen Statements äußern die Porträtierten, welche Botschaft an den Betrachter ihnen besonders wichtig ist. Nashaad aus Somalia, Gloria aus Peru, Jousef aus Syrien, Nabila aus Afghanistan, Aminat aus Tschetschenien – sie alle eint die Sehnsucht nach einem friedlichen Leben ohne Terror, Krieg, Angst, Diskriminierung und Gewalt. Sie haben in Thüringen Schutz gefunden, ihre Kinder können unbesorgt spielen und lernen. Die dreijährige Nur verriet dem Fotografen: »Ich habe Angst im Dunkeln. In Syrien gab es kein Licht. Hier habe ich Licht …«. Abdul aus Afghanistan ist überzeugt, dass die humanitären Kräfte unter den Bürgern Europas immer noch lebendig und stark sind. »Zum allerersten Mal in unserem Leben haben wir hier in Deutschland endlich Frieden erlebt. Wir werden hart daran arbeiten, diesen Frieden mit unseren deutschen Freunden für immer zu erhalten.« José aus Angola erinnert daran, dass die Unantastbarkeit der Menschenwürde unsere größte Errungenschaft ist.
Das Bündnis »Mitmenschlich in Thüringen« setzt mit der Ausstellung ein weiteres Zeichen für ein Thüringen der Demokratie, der Vielfalt und Mitmenschlichkeit. Entstanden ist die Initiative im Herbst 2015. Den Aufruf haben mehr als 1 000 Unterstützer aus Bürgerschaft, Politik, Wirtschaft, Gewerkschaften, Kirchen, Religionsgemeinschaften und Sozialverbänden unterzeichnet. Sie teilen die Überzeugung, dass nur eine demokratisch verfasste Gesellschaft, in der die Menschenrechte geschützt und verteidigt werden, lebenswert und zukunftsfähig ist.
»Gesicht wahren« ist als Wanderausstellung konzipiert und wird ab Mitte April in Gera gezeigt.

www.mitmenschlich-in-thueringen.de

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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