Wenn im Pfarrhaus kein Licht mehr brennt

Gemeinde: Probleme und Chancen für Regionalpfarrämter. Ein Beispiel aus dem Kirchenkreis Elbe-Fläming.

Von Katja Schmidtke

Im Pfarrhaus ist das Licht ausgegangen. Erlischt damit das Licht der Kirche? Wie viele Hauptamtliche braucht eine Gemeinde, um Kirche zu sein? Wem ist es zuzumuten, sonntags über die Dörfer zu reisen: dem Pfarrer oder den Kirchgängern?
Es sind Fragen wie diese, mit denen sich die Christen im Kirchenkreis Elbe-Fläming seit einigen Jahren auseinandersetzen. Weil die Zahl der Gläubigen zurückgeht, kann der Kirchenkreis weniger Geld für Mitarbeiter ausgeben und muss Stellen abbauen. Entwürfe zum Stellenplan wurden seit 2016 diskutiert, im September 2017 beschloss die Kreissynode auf einer Sondersitzung mit zwei Gegenstimmen und vier Enthaltungen, die Vorgaben der Landeskirche umzusetzen. Der Stellenplan sieht vor allem die Einrichtung von Regionalpfarrämtern vor.
In Tucheim, einem Ort an der brandenburgischen Grenze, ist die Pfarrstelle seit anderthalb Jahre vakant. Tucheim ist Zentrum des gleichnamigen Pfarrbereichs mit sechs Predigtstellen gewesen und bildet nun ein Regionalpfarramt mit Wollin, Wusterwitz und Ziesar. Weil sie »ihre« Pfarrstelle erhalten wollen und aus Protest gegen das Regionalpfarramt ist der Tucheimer Gemeindekirchenrat (GKR) im Herbst geschlossen zurückgetreten. Es folgten eine hitzige Debatte in der Lokalzeitung und eine emotionale Gemeindeversammlung im Januar.
Die Gemeinde wird seitdem vom Kreiskirchenrat geleitet; das Regionalpfarramt hat seine Arbeit aufgenommen. Für die sechs Kirchspiele und eine Kirchengemeinde sind zwei Pfarrer, ein ordinierter Gemeindepädagoge, eine Gemeindepädagogin und ein Kirchenmusiker zuständig. Die drei ordinierten Mitarbeiter teilen sich die Seelsorge, dafür sind Bezirke festgelegt worden. Der für Tucheim zuständige Pfarrer Thorsten Minuth hat seine Dienstwohnung im Wolliner Pfarrhaus.
In der Region gibt es vier Pfarrhäuser. Bei drei ordinierten Mitarbeitern ist klar, dass immer ein Haus leer stehen wird. Zurzeit ist das Tucheim. »Die Gemeinde lebt nicht davon, dass ein Pfarrer im Pfarrhaus wohnt. Die Gemeinde lebt von den Christenmenschen vor Ort«, betont Superintendentin Ute Mertens.
Das Schrumpfen der Kirche lässt die jahrhundertealte Tradition einer pfarrerzentrierten Gemeinde wanken. Das schmerzt nicht nur in Tucheim, sondern auch anderswo. Mancherorts sind Einschnitte in den Gottesdienstrhythmus zu verkraften, andere verlieren den Pfarrer, den sie einmal gewählt haben, weil sie nun einem anderen Seelsorge-Bezirk zugeordnet werden, heißt es im Wusterwitzer Gemeindebrief.
Doch in der Krise liegen Chance und Freiheit. Denn es fehlen Vorgaben, wie ein Regionalpfarramt gestaltet werden soll. Das Zusammenwachsen wird vom EKD-Zentrum »Mission in der Region« begleitet. Im Gespräch sind ein Zentrum für Kinder und Jugend oder ein Regionalbüro. Schon heute gibt es einen Regionalchor. »Gerade in der Musik bricht ein zartes Pflänzchen auf«, hat Superintendentin Mertens beobachtet. Sie benennt auch die Schwierigkeiten: die Verlustängste, die Ungewissheit und ganz praktische Sorgen. Das Regionalpfarramt erstreckt sich über zwei Bundesländer. Organisiert die Kirche Kinderfreizeiten, müssen die Ferientermine von Sachsen-Anhalt und Brandenburg zueinanderpassen.
Das Zusammenwachsen erfordert Mut, einige Dinge zu lassen und andere auszuprobieren. Es wird zudem Gelassenheit, Neugier und Zeit brauchen. Der Kreiskirchenrat und die Superintendentin laden alle ein, die sich darauf einlassen wollen und können. Eine Zukunftswerkstatt hat gerade begonnen. Egal, wie unterschiedlich die Vorstellungen von Kirche auch sein mögen: Die Basis haben alle Christen gemeinsam. Ute Mertens ist sicher: »Wir brauchen viel Gottvertrauen.«

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Online-Redaktion

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