Freitag, vor eins
Unsere Seite 1 - Wenn ich groß bin, werde ich...

G+H Nr. 7 vom 14.2. 2021 | Foto: G+H
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Virologe. Das steht für unseren großen Sohn seit dem ersten Lockdown wie in Stein gemeißelt fest. Dem voraus ging kein großes Aha-Erlebnis. Es ist das Ergebnis seines Pragmatismus.

Eine seiner ersten Homeschooling-Aufgabe war es, einen Beruf vorzustellen. Alles, was er schon mal als möglichen Berufswunsch geäußert hat - Kinderarzt oder Polizist - war nicht mehr aktuell. Auch was man sonst als spannend einstufen würde - Feuerwehrmann, Pilot oder Tierpfleger - war keine Option. Mehr im Scherz schlug ich ihm aufgrund der Omnipräsenz dieser Berufsgruppe, den Virologen vor. Er war hellauf begeistert - und ist es bis heute.

Was einmal daraus wird, darauf bin ich natürlich mehr als gespannt. Ich bewundere meine Cousine, die mir schon damals ins Freundschaftsbuch schrieb, dass sie Physiotherapeutin werden wolle und heute meine Rettung in der Not bei verspannten Schultern & Co. ist. Sie war da sehr konsequent.
Dass das nicht immer so läuft, kennen wir sicher alle. Eine Mini-Umfrage zum Berufswunsch aus Kindertagen im Kollegenkreis bescherte dazu viele amüsante Einblicke. Statt eines Leichenwagens oder einer Kehrmaschine, navigiert eine Kollegin heute die Honorare unserer Autoren zu den richtigen Konten. Anstelle von Häusern entwirft eine Kollegin Gemeindebriefe, eine andere leistet Präzisionsarbeit an Texten statt am OP-Tisch. Einige von uns, die wir die meiste Arbeitszeit an Schreibtischen verbringen, wollten eigentlich mal "was mit Natur machen": Förster, Landschaftsgärtner oder Floristin.

Astrid Kaiser,  Pädagogik-Professorin in Oldenburg, erforscht die Berufswünsche von Kindern seit zwei Jahrzehnten. Seit eh und je würden die jüngeren Kinder in Deutschland die gleichen Traumberufe haben, sagt sie: Mädchen eher helfende Berufe, Jungen setzten dagegen auf Kraft, Schnelligkeit und Technikbeherrschung.
Bei älteren Kindern und Jugendlichen dagegen stehen oft Moderator, Model oder Influencerin hoch im Kurs. Das liege daran, dass ihr Bild von der Berufswelt vorrangig von den Medien geprägt ist. In den Familien dagegen werde das Arbeitsleben stark tabuisiert. 

Zumindest galt diese Annahme vor drei Jahren, als Astrid Kaiser diese Äußerungen machte. Dass sich das im vergangenen Jahr geändert haben dürfte, ist stark anzunehmen. Verbanden die Kinder mit der Arbeit ihrer Eltern oft nur deren Abwesenheit, bekommen sie heute viel eher mit, was diese eigentlich tun und leisten. Natürlich verschwimmen die Grenzen von Arbeits- und Familienleben im Homeoffice derzeit oft sehr, was nicht unproblematisch ist. Aber für die Kinder kann diese Zeit auch eine echte Chance sein, ihren Berufstraum mit realistischen Informationen und wirklicher Anschauung anzureichern und im besten Sinne auszuspinnen.
Und es hilft natürlich auch, wenn man weiß man nicht will. Der angehende Virologe ist sich sicher, dass es doch langweilig sei, "den ganzen Tag nur irgendwelche Artikel zu schreiben". 

Der Blick in unsere aktuelle Ausgabe zeigt, dass es für viele doch kein allzu langweiliger Job ist. Unsere ehemalige Kollegin Sabine Kuschel beispielsweise lehrt uns, dass man als Journalistin eigentlich auch nie so richtig aufhören kann, auch im Ruhestand nicht. Diesmal schreibt sie über die heilsame Wirkung des Fastens. Wir wünschen gute Lektüre!

Unsere Themen:

  • Fastenzeit:Das Coronavirus nötigt uns zum Verzicht. Auch wenn dieser nicht selbst gewählt ist, birgt er Chancen, sagt die stellvertretende Leiterin des Gemeindekollegs der VELKD, Isabell Hartmann
  • Kommentiert: Erste Hilfe zur Selbsttötung - Welches christliche Menschenbild soll hier vermittelt werden?
  • Kleine Stadt - großer Mann: Michael Praetorius gilt als zentrale Erscheinung der Musikgeschichte. In seiner Geburtsstadt wird er in diesem Jahr gewürdigt.

Und außerdem:

Die Heilkraft der Feste
Antennen gen Himmel
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G+H Nr. 7 vom 14.2. 2021 | Foto: G+H
Autor:

Mirjam Petermann

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