Café-Kirche öffnet in Molau
Aber bitte mit Sahne – und Segen

Startklar: Michael Greßler ist unterwegs zur Molauer Kirche, die er mit einer kreativen Idee wiederbeleben will. | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
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  • Startklar: Michael Greßler ist unterwegs zur Molauer Kirche, die er mit einer kreativen Idee wiederbeleben will.
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Es ist früher Nachmittag in Molau. Aus den Gehöften, die sich rund um die Kirche in der Dorfmitte säumen, dringt kaum ein Laut. Nur ab und an passiert ein Auto die Dorfstraße. Obwohl es mitten in der Woche ist, herrscht in Molau sonntägliche Ruhe. Ein bisschen verwunschen liegt das etwas über 500 Einwohner zählende Dorf zwischen Wethautal und dem Tautenburger Wald – fast so, als wollte es aus einem Dornrös-chenschlaf geweckt werden.

Von Beatrix Heinrichs

Um aber eine solche Geschichte erzählen zu können, bräuchte es einen Prinzen oder Ritter, der die Schlafende wachküsst. Doch die Blüte der Rittergüter, dank deren Molau erstmals im 13. Jahrhundert erwähnt wurde, gehört der Vergangenheit an. Die Rolle des Helden muss also von einem anderen ausgefüllt werden – oder besser: gleich von einer ganzen Hand voll Engagierter.

Stellvertretend für sie grüßt Michael Greßler vor der Kirchenpforte. Statt mit Ritterrüstung und Pferd kommt er mit Sommerhut und in seinem knallroten "Kirchenmobil". Der Pfarrer ist im Kirchenkreis Eisenberg zuständig für den Pfarrbereich Camburg-Leislau, zu dem 34 Orte mit 20 Kirchen zählen. Mit der Zeit und im Zuge struktureller Veränderungen sei sein Radius beständig gewachsen, erzählt er. "Als dann auch Molau dazu kam, dachte ich erst einmal: Ach du meine Güte, jetzt habe ich diese Baustelle auch noch am Bein."

Die Baustelle, von der Greßler spricht, die Kirche, ist das Dornröschen dieser Geschichte – und keine gering zu schätzende Herausforderung für Pfarrer und Kirchengemeinde. Das um 1200 errichtete und zu Beginn des 18. Jahrhundert umgebaute Gotteshaus war in den 1960er-Jahren gezieltem Vandalismus ausgesetzt. "Molau, so die Vorstellung der Funktionäre, sollte sozialistisches Vorzeigedorf werden. Da passte eine Kirche nicht ins Bild", erklärt Greßler. Die Bänke seien herausgeholt und die Fenster eingeschlagen worden. Selbst vor der 1775 erbauten Orgel habe die Zerstörungswut nicht Halt gemacht. Jahrelang war die Kirche dem Verfall preisgegeben – eine offene Wunde inmitten des Dorfs.


"Es gibt Kirchen, die haben eine Ausstrahlung wie ein Bushäuschen – diese hier nicht"

"Die Wende brachte die Rettung für die Kirche", sagt Greßler. Anfang der 1990er wurden Dach und Fenster erneuert, 2014 folgte die Instandsetzung von Kirchturm und Tragwerk und auch die Decke im Kirchenschiff wurde saniert. 2018 schließlich erhielt die Kirche einen neue Fußboden. Doch wer die Kirche betritt, spürt – und das spätestens beim Blick zur Orgelempore – das Molauer Gotteshaus wird ein "verwundeter Raum" bleiben. Pfarrer Greßler aber hat sich vorgenommen, aus der Not eine Tugend zu machen. "Wenn ich mich ärgere und jammere, tue ich damit niemandem einen Gefallen", sagt er, ruhig und mit einem Lächeln. Stattdessen will er das Gotteshaus wiederbeleben. "Man muss sich einfach etwas einfallen lassen."

Seit 2018 werden in Molau wieder ab und an Gottesdienste gefeiert. Und nicht nur das: Auch neue Formate sollen hier Einzug halten. "Ich wehre mich massiv dagegen, diese Kirche wieder mit Bänken auszustatten. Der frei bespielbare Raum hier ist einzigartig und eignet sich ideal für Kulturveranstaltungen, Konfirmandenworkshops oder Konzerte." Oder auch, um etwas ganz anderes zu wagen: Ein Café, das eine knappe Woche immer nachmittags öffnet. Vom 24. bis zum 30. Juni soll hier neben Kaffee und Kuchen auch Segen verteilt werden. "Meine Frau ist immer zurückhaltend, wenn ich neue Ideen habe. Von der ›Café-Kirche‹ war sie gleich begeistert."

Auch das erste Vorbereitungstreffen sei auf große Resonanz gestoßen, denn auf die Beine stellen wollen das Projekt Ehrenamtliche. "Etwa 15 freiwillige Helfer aus zehn Orten haben zugesagt. Es war alles dabei: alt, jung, Kerngemeinde und sogar Menschen, die mit Kirche nichts am Hut haben, die aber für diesen Ort etwas tun wollen", erzählt Greßler. In der vielleicht etwas unkonventionellen Nutzung sieht er keinen Widerspruch zum sakralen Charakter des Raums. Auch andere Kirchen öffneten sich ganz selbstverständlich für kreative Angebote. Wichtig sei, dass der ganze Ort sich willkommen fühle.

Dass die "Café-Kirche" ihre Gäste finden wird, darum macht sich Susanne Krause keine Sorgen. "Es gibt Kirchen, die haben eine Ausstrahlung wie ein Bushäuschen – diese hier nicht. Das ist ein echter Kraftort." Die Steinmetzin bewohnt das Gehöft gegenüber und hält die Kirche verlässlich offen. Molau nämlich liegt am Zuckerbahn-Radweg, der auf einer stillgelegten Trasse von Zeitz nach Camburg führt. Auch die Radfahrer seien herzlich eingeladen auf eine Kleinigkeit zur Stärkung, die es gegen eine Spende geben soll. 

Infos und Öffnungszeiten der "Café-Kirche":
8 t1p.de/j0f9f

Startklar: Michael Greßler ist unterwegs zur Molauer Kirche, die er mit einer kreativen Idee wiederbeleben will. | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
Das um 1200 errichtete und zu Beginn des 18. Jahrhundert umgebaute Gotteshaus war in den 1960er-Jahren gezieltem Vandalismus ausgesetzt. | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
Kunstort: In der Molauer Kirche fand 2018 ein "Playing Arts Seminar" statt. Zu den Literatur- und Kunstworkshops kamen Menschen aus ganz Deutschland, um dem Ort wieder Leben einzuhauchen.

 | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
Ein Highlight der Playing-Arts-Workshoptage: Pfarrer Michael Greßler trug das Altarkruzifix nach Molau zurück. Weil die Kirche dem Verfall preisgegeben war, hatte das Kreuz in der Kirche der Nachbargemeinde Sieglitz gelagert. | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
Auch die Orgel von 1775 ist dem jahrelangen Verfall preisgegen gewesen.   | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
Geöffnet: Vom 24. bis zum 30. Juni öffnet in Molau die Café-Kirche. | Foto: Foto: Beatrix Heinrichs
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Beatrix Heinrichs

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