»Gedächtnis der Reformation«

Der Kreuzgang des Augustinerklosters in der »göttlichen Stadt«. Hier hatte der Reformator seine erste Leitungsstelle. | Foto: Augustinerkloster Gotha
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15 Thesen: Oberbürgermeister meldet Anspruch Gothas an, Lutherstadt zu sein

Gotha hat sich zum »Gedächtnis der Reformation« erklärt. Mit 15 Thesen unterstreicht Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) diesen Anspruch. Dabei reicht das Spektrum der von ihm angeführten Ereignisse aus vorreformatorischen Zeiten über unmittelbare Aktivitäten Martin Luthers bis hin zu dessen Wunsch, in der Stadt zu sterben und dort begraben zu sein.
Zudem veröffentlichte die Stadt eine Liste mit 17 Gedächtnisorten der Reformation. Darin sind unter anderem die Cranach-Bilder auf Schloss Friedenstein, der größte Flügelaltar der Zeit sowie die erste barocke protestantische Schlosskirche angeführt. Mit Stolz wird zudem auf die Sammlungen der Universitäts- und Forschungsbibliothek Gotha verwiesen. Hier befinden sich neben 1 100 Briefen Luthers auch 280 Handschriften mit mehr als 15 800 Einzeldokumenten sowie 700 Flugblätter der Reformation.
Gotha brauche den Vergleich mit anderen Luther-Städten wie dem Geburts- und Sterbeort Eisleben, seiner Universitätsstadt Erfurt oder Wittenberg mit dem legendären Thesenanschlag nicht scheuen. »Bereits vor 300 Jahren entwickelte sich die Stadt zum frühen Zentrum der Reformationsforschung. Um es kurz zu sagen – Gotha ist das Gedächtnis der Reformation«, erklärte der Oberbürgermeister.

Gothaer Thesen zu Luther:
1. Martin Luther war mehrfach in Gotha. Mindestens sieben Aufenthalte Luthers in Gotha sind belegt. Luther predigte, wohnte und arbeitete in Gotha.
2. Bereits vor Luthers erstem Besuch gab es reformatorische Ansätze in Gotha. In Gotha lebte von 1504 bis 1526 der große Humanist Mutianus Rufus, den man als die bedeutendste Geistesgröße der Hochrenaissance schätzt und der in Gotha einen Gelehrtenkreis versammelte. Er war ein erster massiver Kritiker der katholischen Kirche.
3. Martin Luthers erster Aufenthalt in Gotha hatte besondere Bedeutung. Die Gothaer Augustinereremiten wählten Luther am 29. April 1515 zu ihrem Distriktvikar, sozusagen zum Vorgesetzten. Es war Luthers erste Leitungsstelle, der Beginn seiner Karriere.
4. Luther hielt in Gotha eine wortgewaltige Predigt. Wie eine Sage berichtet, hat Luther am 8. April 1521 in der Augustinerkirche so heftig gepredigt, dass sich die Steine aus dem Mauerwerk lösten und zu Boden polterten.
5. Gotha war schon frühzeitig eine Stadt der Reformation. Schon 1522 predigte Johann Langenhan an der Margarethenkirche Luthers Wort, er war einer der ersten evangelischen Pfarrer auf deutschem Boden.
6. Gotha hat das älteste reformatorische Gymnasium Deutschlands. Im Dezember 1524 gründete Martin Luthers Freund Friedrich Myconius aus einer alten Lateinschule das erste frühneuzeitliche akademische Gymnasium.
7. Luther berief in Gotha den ersten Superintendenten Deutschlands. Im Jahr 1529, vielleicht auch schon drei Jahre früher, hat Luther seinen Vertrauten Friedrich Myconius, der seit 1524 in Gotha als Pfarrer wirkte und im Gothaer Pfaffensturm viel Blutvergießen verhinderte, zum ersten Superintendenten berufen.
8. Eine Gothaerin war Trauzeugin Martin Luthers. Die Ehefrau des Malers Lucas Cranach und Tochter eines Gothaer Ratsherren, Barbara Cranach geb. Brengebier, und ihr Mann waren am 13. Juni 1525 Trauzeugen der Hochzeit von Martin Luther und Katharina von Bora.
9. Gotha steht mit einem Ereignis zur Verteidigung der Reformation in Verbindung. Am 27. Februar 1526 verhandelten auf der Burg Grimmenstein Landgraf Phillip von Hessen (1504 bis 1567) und Kurfürst Johann von Sachsen (1468–1532) den »Gotha-Torgauer Bund«, das erste Waffenbündnis zum Schutz der Reformation.
10. Ein Gothaer brachte der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt Düsseldorf den evangelischen Glauben. Im Jahr 1527 hielt Friedrich Myconius seine erste Predigt und diskutierte mit einem Kölner Franziskanermönch, den er im Streitgespräch bezwang.
11. In Gotha wurde die erste Mädchenschule der Reformation gegründet. Die 1522 eröffnete deutsche Schreibschule an der Margarethenkirche wurde im Jahr 1534 zu einer Mädchenschule umgewandelt und eine Frau wurde als Lehrerin angestellt. Es ist die erste Mädchenschule der Reformation.
12. In Gotha befindet sich die älteste Beschreibung der Reformation aus Luthers Zeit. Der Historiker Daniel Gerth hat diese Beschreibung im Jahr 2016 im Thüringischen Staatsarchiv Gotha entdeckt. Sie stammt aus dem Jahr 1535.
13. Luther wollte in Gotha sterben. Am 27. Februar 1537 diktierte Martin Luther auf dem Sterbebett zu Gotha sein erstes Testament, er wollte in Gotha begraben werden. Der Gothaer Bürgermeister Johann Oßwald ließ ihn Wasser trinken, bis er wieder gesundete.
14. Luther erwähnte Gotha als »göttliche Stadt«. In einem Brief an Friedrich Myconius vom 27. Juli 1537 schrieb Luther über Gotha als »civitas divina«. Gotha war für ihn die »göttliche Stadt«.
15. In Gotha gibt es ein originales Bauwerk aus Luthers Zeit. Das Haus »Zu den zwei Helmen« am Hauptmarkt 15 ist zwei Jahre vor Luthers Tod (1544) gebaut worden und bis zum heutigen Tag als Wohn- und Geschäftshaus erhalten. Die Augustinerkirche ist nur in ihren Grundmauern und in Einzelbauteilen aus der Lutherzeit erhalten.
(epd)

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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