Weihnachten
Eine Geschichte zum Verwundern

Weihnachten – eine Geschichte zum Verwundern

Im Jahr 1714 schreibt Joh.Seb.Bach als „Hofcompositeur“ in Weimar eine Adventskantate auf den altkirchlichen Hymnus „Veni redemptor gentium“ aus dem Jahr 386. Was für ein Alter, was für eine Schwerge- wichtigkeit! mag man sogleich denken. Aber halt! Da stocke ich doch schon ein wenig bei diesen Überlegungen, denn neben diesen Eingangsworten des Liedes, das Martin Luther 1524 so eindrücklich ins Deutsche gebracht und formuliert hat – nämlich „Nun komm, der Heiden Heiland, der Jungfrauen Kind erkannt ...“ - findet sich auch sogleich die Verwunderung der Menschen über solches Geschehen … also: „ des sich w u n d e r t alle Welt, Gott solche Geburt ihm bestellt.“ Da haben wir es eigentlich schon – alles, was das menschliche Leben eben so beinhalten mag. Höchst erstaunlich – um das andere Wort für „verwundern“ zu gebrauchen – ist es schon, was das nicht ganz gewöhnliche Leben dieses Jesus ausmacht und was dann Martin Luther im angezeigten Adventslied so beschreibt(V.3): „ Sein Lauf kam vom Vater her und kehrt wieder zum Vater, fuhr hinunter zur Höll und wieder zu Gottes Stuhl.“
Mit diesen Worten wird also das Wunderbare und erstaunlich Wunderliche dieses Lebens beschrieben; und ich denke, daß sich auch im Leben von uns Heutigen solche Momente – des Verwunderns nämlich – finden lassen. Die Frage ist nur, ob wir das Verwundern überhaupt zulassen und wie wir es bewerten. Kann uns vielleicht das lutherisch-altkirchliche Lied dabei helfen? Ich glaube schon, daß das möglich ist. Wodurch denn aber? Nun, eben durch diese Worte vom Verwunderlich-Werden oder durch die prächtige Musik der Bach-Kantate sowie durch den gesamten Ideengang der Alten Kirche, aus der ja dieses Lied stammt(aus 4.Jhd.). Bleiben wir bei der Alten Kirche! Sie hat wohl gewußt, was sie den Menschen damals anbieten konnte … keine Wohlfühlkost für mancherlei frohe Stunden, sondern eben harte Nüsse, die es zu knacken gilt. Und das ist auch heutzutage angezeigt! Die Schwergewichtigkeit der Geschichte allerdings liegt damals wie heute in der Variabilität und „Großräumigkeit“ des Lebens. Wir sollen nämlich hören und uns klarmachen: G o t t läßt sich befragen und beklagen, sogar in bedrängender Weise: Komm nun doch endlich, und hilf uns in unserer Lage!

Auf der anderen Seite dieser Geschichte steht nun aber ein Hinweis – der Hinweis auf die Geburt eines Kindes , dem ein bemerkenswerter Glanz zukommt. Soll das die Lösung sein? Man kann sich doch nur darüber wundern. Vielleicht ist aber gerade diese Verwunderung des Rätsels Lösung! Und wir heutigen hätten es verlernt, durch allzu hohen Wohlstand das Sich-Wundern überhaupt wahrzunehmen. Gibt es das noch? mag sich so mancher fragen. Wenn er es denn überhaupt noch sagt! Kurz und gut: Wir sollten es wohl wieder lernen, dieses Sich-Verwundern, denn es gibt ja so vieles Wunderbare, Wundervolle und Wunderliche(!) im menschlichen Leben! Unser Dasein findet ja auch in allen diesen Bereichen und in allen möglichen Richtungen statt. Nicht nur Gott und Tod ist eine davon, sondern auch Gott und Geburt. Und wenn schon eine normale Geburt ein echtes Wunder ist, dann erst recht die Geburt eines „Gottes-Kindes“! Was wunder, wenn sich „alle Welt“ darüber wundert(siehe EG 4,1)? Trotzdem darf es wahr sein und wahr werden und uns im besten Sinne beglücken … daß sich Gott eben gerade solche Geburt bestellt hat(um mit den Worten von Luther zu reden) … oder auch mit den Worten der amerikanischen Schriftstellerin Pearl S. Buck(1892-1973): „Die wahre Lebenskunst besteht darin, im Alltäglichen das Wunderbare zu sehen.“
Ich wünsche es uns allen, mir natürlich auch … damit wir das Wundern im Leben nie verlieren mögen und damit solcherart Weihnachten bei uns einkehren kann. Noch einmal sei das alte Adventslied zitiert(EG 4,1): „Nun komm, der Heiden Heiland, der Jungfrauen Kind erkannt, daß sich wunder alle Welt, Gott solch Geburt ihm bestellt.“ Möge also Weihnachten so in unsere Häuser kommen!

Autor:

Konrad Vogel

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