Orgelsommer geht weiter

Größte Barockorgel Thüringens: Seit 1995 spielt KMD Theophil Heinke das von Tobias Gotthilf Heinrich Trost von 1724 bis 1730 erbaute, aber nicht vollendete Instrument.  | Foto: privat
  • Größte Barockorgel Thüringens: Seit 1995 spielt KMD Theophil Heinke das von Tobias Gotthilf Heinrich Trost von 1724 bis 1730 erbaute, aber nicht vollendete Instrument.
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Kulinarik und Orgelmusik: Die 27. Ausgabe des Festivals wird vom 29. Juni bis 22. Juli unter Leitung des neuen Präsidenten KMD Theophil Heinke (Waltershausen)
veranstaltet.

Was ist das Besondere an diesem Ereignis, das in alle Regionen des Freistaates ausstrahlt? Wie möchten Sie das Profil prägen?
Heinke:
Thüringer Orgelsommer – das bedeutet viele Konzerte in vielen Kirchen, besonders auf dem Lande, wo es so zahlreiche sehenswerte sakrale Räume und hörenswerte Orgeln gibt. Das ist ein echter Schatz in Thüringen. In Zeiten der zunehmenden Säkularisierung der Gesellschaft und des Rückzugs des gesellschaftlichen Lebens aus den strukturschwächeren Regionen wollen wir auf diese Besonderheiten aufmerksam machen.
Dies ist die Intention, die bereits der im vergangenen Jahr verstorbene »Spiritus Rector« des Orgelsommers Kirchenmusikdirektor Gottfried Preller hatte und mit großem Engagement praktizierte. Dieses Profil möchte ich gemeinsam mit dem Vorstand unbedingt beibehalten. Ein zusätzlicher Schwerpunkt soll die Förderung des »Orgelnachwuchses« werden. Es gibt zahlreiche Orgeln in gutem Zustand, aber zunehmend fehlen die Organisten, die sie bespielen. Das hat sicherlich mehrere Ursachen. Ich möchte da gern Schwellenängste abbauen helfen und wieder die Begeisterung für dieses in einigen Regionen aus der Mode gekommene Instrument wecken.

Wie erfolgt die Auswahl der Orte? Können sich Gemeinden mit einer »interessanten« Orgel bewerben?
Heinke:
Jede Gemeinde mit einer interessanten Orgel kann sich bei uns bewerben und hat gute Chancen, da uns die Nutzung solcher Instrumente am Herzen liegt. Wichtig ist uns aber auch, dass Leute vor Ort unser Festival unterstützen und die Konzerte gut bekannt machen. Denn trotz der großen Auflage unserer Werbematerialien ist das Einladen vor Ort sehr, sehr wichtig. Wir haben auch immer mindestens einen Ort dabei, wo die Orgel nicht mehr zum Hörgenuss führen kann, sich aber die Gemeinde starkmacht für deren »Wiederbelebung«. So etwas zu unterstützen, ist erklärtes Ziel des Orgelsommers.

Beim diesjährigen Festival gibt es 27 Veranstaltungen, es soll aber wieder die einstige Anzahl erreicht werden. Wie viele Konzerte waren das in etwa?
Heinke:
Der Orgelsommer hatte bisher stets über 40 Konzerte, 2017 aufgrund der Reformationsfeierlichkeiten sogar über 50. Der Tod von KMD Preller kam überraschend und wir müssen uns im Orgelsommerteam erstmal neu sortieren, daher ist für uns die Zahl von 27 zunächst die machbare Größe. Wir streben aber wieder eine der einstigen vergleichbare Größenordnung an, wobei es nicht nur um die Anzahl der Konzerte, sondern auch darum geht, in allen Landesteilen präsent zu sein, dieses Jahr kommt Ostthüringen leider zu kurz.

Zum Profil des Orgelsommers gehört es, dass die »Königin der Instrumente« in Kombination mit anderen Instrumenten, Gesangsstimmen oder Ensembles erklingt. Steckt dahinter die Erfahrung, dass auf dem Lande das Interesse an reinen Orgelkonzerten nicht so groß ist?
Heinke:
Die Kombination Orgel plus hatte in den letzten Jahren wesentlich mehr Erfolg als Orgelsolokonzerte. Die Ursachen dafür mögen vielschichtig sein. Konzerte mit weiteren Musikern, die gemeinsam oder im Wechsel mit der Orgel musizieren, sind sicherlich interessanter im Klang und im Erleben. Der reine Orgelklang kann, zumal auf kleineren Instrumenten, auf Dauer etwas Statisches oder sehr Abstraktes haben, die Zuhörer erfreuen sich unter anderem besonders an Überraschungen und Abwechslung.

Auffällig in diesem Jahr ist, dass sich der Orgelsommer auch anderen Musikformen öffnet, wie hinduistischer Tempelmusik oder dem Liedermacher Gerhard Schöne. Soll dies zu einer weiteren Horizonterweiterung und stärkeren Breitenwirkung beitragen?
Heinke:
Das Öffnen für andere Musikformen hat sich bereits bewährt. So wurden z. B. im Reformationsjahr Luther-Choräle vom »Marco-Böttger-Swingtett« verjazzt. Oder die jüdische Klarinettistin Irith Gabriely brachte hervorragenden Klezmer mit ein. Diese Experimentierfreude ist mir auch sehr wichtig und ich möchte sie fortsetzen. Wir wollen, dass unsere Konzerte eine gewisse Leichtigkeit erhalten, schließlich finden die Konzerte im Sommer statt und nicht in der Passionszeit. Gerade weil sie zum Lobe Gottes erklingen, sollen die Orgeln jubeln.

In diesem Jahr trifft der Thüringer Orgelsommer auf Thüringer Gastlichkeit. Vor oder nach einigen Konzerten gibt es Kaffee und Kuchen, einen Imbiss oder einen Weinempfang.
Heinke:
Auch das hat bereits Tradition. Ich habe in beglückender Weise oft erlebt, wie ein Orgelsommerkonzert zu einer Art Dorf- oder Gemeindefest wurde. Die Kirchen waren voll und nach dem Konzert wurde gewaltig aufgetragen. Die Dorfgemeinschaften freuen sich in Zeiten des Rückzugs der dörflichen Infrastrukturen über solche »Highlights«.

Wie wollen Sie all dies neben Ihren Aufgaben als Kreiskantor stemmen?
Heinke:
Der Orgelsommer ist in der Tat eine große Herausforderung. Um mehr Luft zu bekommen, habe ich meinen Zuständigkeitsbereich als Orgelsachverständiger auf 20 Prozent runtergefahren und meine Tätigkeit als Lehrbeauftragter für die C-Ausbildung beendet. Auch meine Kirchenmusikerstelle ist auf 80 Prozent reduziert worden, was meiner Orgelsommertätigkeit zur Zeit sogar nützlich ist. Zusätzlich gibt es viele ehrenamtliche Helfer und eine Sekretärin steht mir zur Seite. Besonders hilfreich sind weiterhin der Schatzmeister Ulrich Bamberger, sowie mein Stellvertreter Andreas Conrad, Bezirkskantor in Schmalkalden, und seine Frau Anja Conrad, die große Erfahrungen in der Öffentlichkeitsarbeit einbringt.

Die Fragen stellte Michael von Hintzenstern.

Autor:

Online-Redaktion

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