Jetzt wird’s schmalkaldisch!

Galerieleiter Prof. Norbert Krah mit dem für die Ausstellung angefertigten Glasfenster von Wolfgang Nickel, das dauerhaft in der Galerie bleibt. | Foto: Susann Winkel
  • Galerieleiter Prof. Norbert Krah mit dem für die Ausstellung angefertigten Glasfenster von Wolfgang Nickel, das dauerhaft in der Galerie bleibt.
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Reformations-Ausstellung zeigt aktuelle Arbeiten Thüringer Künstler in der FBF-Galerie

Von Susann Winkel

Zu Beginn ein kleines Gedanken­experiment, eine Reise zurück in das Jahr 1537. Jene Familie, die in besagtem Jahr in der Gillersgasse 2 in Schmalkalden, gleich hinter der Stadtkirche St. Georg, gelebt hat, dürfte durch die Fenster des urigen Fachwerkhauses des Öfteren Martin Luther gesehen haben. Durch einen Seiteneingang gelangte der Reformator in die Paramenten-Kammer über der Sakristei, wo er sich in den kalten Februartagen während der Morgengottesdienste aufwärmen konnte.
Die Lutherstube gibt es immer noch im 480. Jahr nach der größten Tagung des Schmalkaldischen Bundes, als Luther sein geistliches Testament in Artikelform vorstellte. Ebenso blieb das rote Fachwerkhaus erhalten. Dort ist seit August 2010 die FBF-Galerie untergebracht, deren besonderes Augenmerk den Schnittstellen zwischen Wissenschaft und Kunst gilt. Wer heute den großen Lichthof im Obergeschoss des Mittelalterbaus betritt, der richtet seinen Blick abermals auf den Reformator.
Die neue Sonderausstellung heißt im Kurzen »Schmalkaldisch. Protestantisch« – und im umso längeren Untertitel »Zeitgeschichtliche Reflexionen zu Martin Luther 2017. Malereien, Grafiken, Collagen, Reliefs und Skulpturen«. Aber es kommt ohnehin mehr auf den Kurztitel an. Der soll lautmalerisch auf die Schmalkaldischen Artikel verweisen. Theologisch ein echtes Pfund, mit dem sich im Jubiläumsjahr 2017 wuchern lassen sollte. Touristisch allerdings eher Randnotiz. Weshalb es klug ist, die Schau der Flut an Jubiläumsbeiträgen voranzustellen. Noch ist die Aufmerksamkeit größer.
Die von Norbert Krah und dem Verein der Forschungs- und Bildungs-Fördergesellschaft (FBF) ist nicht kunsthistorisch konzipiert, sondern fußt auf einem weit zu fassenden Thema. Diesmal waren Thüringer Künstler aufgefordert, sich im lutherischen Geist mit aktuellen Problemen zu befassen. Ein Bezug zu Luthers Artikeln? Ist eher nicht auszumachen.

Flucht, Integration und Fremdenfeindlichkeit
Der Auftrag brachte Arbeiten hervor, die sich um Flucht, Integration und Fremdenfeindlichkeit drehen. Etwa das Grafikblatt »Moschee am Lutherweg« von Edmond Garn aus Floh-Seligenthal oder die drei Digital-Collagen des Meiningers Dietrich Ziebart, die an die Artikel des Grundgesetzes der Bundesrepublik erinnern: »Die Würde des Menschen ist unantastbar.«
So weit, so schlüssig: Mithilfe der Werke, die sich unten im Vortragsraum und oben auf der Galerieebene verteilen, wird eine ästhetisch anregende Atmosphäre geschaffen, die nutzbar ist für Vorträge, Gespräche, Debatten. Ein Reigen an Begleitveranstaltungen ist geplant.
Hier nun löst sich die Ausgangsidee in Beliebigkeit auf. Neben den Werken, die nach der Themenvorgabe für diese Ausstellung entstanden sind, ist allerhand zu sehen, was irgendwie mit Luther zu tun hat. Zum Beispiel eine ganze Reihe Flugschriften aus dem
16. Jahrhundert, Nachdrucke von Werken der beiden Cranachs oder von Hans Holbein dem Jüngeren, die polemisch mal für, mal wider den Reformator Partei ergreifen. Dazu Grafiken aus einer Mappe von 14 DDR-Künstlern, die 1983 anlässlich des 500. Geburtstags von Luther herausgegeben wurde. Zudem einige Kaltnadelradierungen zur Reformation vom Maler und Grafiker Harald R. Gratz (Schmalkalden), datiert auf das Jahr 2008.
Wer nun als Besucher beim Betrachten dieser Fülle ein Déjà-vu-Erlebnis hat (frz.: »schon gesehen«), der irrt nicht: Zahlreiche Exponate entstammen der 2012 gezeigten FBF-Ausstellung »Ich bin so frei«. Damals wurde an die Verkündung der Schmalkaldischen Artikel vor 475 Jahren erinnert und von einem guten Dutzend hiesiger Künstler die Verbreitung von Luthers Glaubenslehre in 50 Variationen dargestellt. Nun sind weitere dazugekommen.
Norbert Krah und die Mitstreiter der FBF-Galerie bieten Künstlern der Region eine Plattform zur Präsentation ihrer Arbeiten, geben selber Werke in Auftrag, kaufen kontinuierlich für ihre Sammlung an. So wird viel Schönes möglich, aufwendige Kunstbücher ebenso wie die Fertigung von Glasfenstern für die Galerie von Wolfgang Nickel, die dort verbleiben können.

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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