Spuren jüdischer Familien

Spielszene: Probe mit Mechthild Scrobanita als Marianne Bucky (geb. Cohn), Meshi Elbar als Rabbi und Bernhard Stengele (Regie) als Sally Bucky. | Foto: Wolfgang Hesse
  • Spielszene: Probe mit Mechthild Scrobanita als Marianne Bucky (geb. Cohn), Meshi Elbar als Rabbi und Bernhard Stengele (Regie) als Sally Bucky.
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Koproduktion des Theaters Gera-Altenburg mit Partnern aus Tel Aviv

Von Wolfgang Hesse

Im Hinterhaus wird 1914 Hochzeit gefeiert. Franziska Bucky und Albert Levy haben sich das »Jawort« gegeben. Kurz danach meldet sich Albert freiwillig an die Front. Fünf Jahre haben die Levys hier gelebt. Das Paul-Gustavus-Haus in der Wallstraße 29 ist eine von zwei Spielstätten auf den Spuren jüdischen Lebens in Altenburg. Schauspieldirektor und Regisseur Bernhard Stengele von Theater & Philharmonie Thüringen (TPT) hat sich auf Spurensuche begeben. Ihm zur Seite stand Christian Repkewitz, der die Geschichte der Familien Cohn, Bucky und Levy erforscht und aufgeschrieben hat.
Im Jahre 1890 eröffnete Marianne Cohn das erste Geschäft am Markt 23 in Altenburg. Gemeinsam mit Ehemann Sally Bucky führte sie binnen weniger Jahre das größte Kaufhaus am Platz, das M&S Cohn in der Spornstraße 3. Diese assimilierte jüdische Familie hatte großen Einfluss auf das gesellschaftliche und wirtschaftliche Leben der Stadt Altenburg. 1933 erfolgte die Zerschlagung des Unternehmens durch die Nationalsozialisten. Familienmitglieder wurden verhaftet oder konnten fliehen. Mehrere davon wurden in den Vernichtungslagern der Nazis umgebracht.
Das Stationen-Theater führt die Besucher zu verschiedenen Originalschauplätzen in der Stadt und holt dabei ein Kapitel Altenburger Geschichte eindrucksvoll ins Bewusstsein.
Die internationale Schauspielproduktion entsteht gemeinsam mit dem Jaffa Theater und dem Qarar House for Music, Theatre and Arts aus Tel Aviv. Zwei israelische und zwei palästinensische Schauspielerinnen und Schauspieler verstärken das internationale Team. Laiendarsteller der MitspielAKADEMIE aus Altenburg schaffen die Personenkulisse. Autorin Mona Becker wird unterstützt von Gaby Aldor und Mahmoud Abo Arisheh. Somit entsteht ein Kulturmix in den Sprachen Hebräisch, Arabisch und Deutsch. Die Handlung macht eine Übersetzung weitestgehend überflüssig.
Auf Workshops in Jaffa, in Yad Vashem und im ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald hat sich das gesamte Produktionsteam mit Zusammenhängen der Geschichtsaufklärung und mit dem aktuellen politischen Weltgeschehen auseinandergesetzt. »Dabei konnten«, bestätigt Dramaturgin Svea Haugwitz, »unterschiedliche Sichten auf Israel und Palästina diskutiert, aber auch die Frage gestellt werden, was der Holocaust in deutschen Familien bedeutet.«
Erfahrungen mit Krieg, Vertreibung, Flucht, Ausgrenzung und Rassismus werden in der Inszenierung thematisiert und mit aktuellen Situationen in Politik, Geschichte, Tradition und Religion abgeglichen. Sound-Collagen, Installationen und performative Elemente helfen, die Story zu begreifen. Neben der historischen Abhandlung vertiefen fiktive Elemente und Monologe die Dramatik. »Die Etagen des Paul-Gustavus-Hauses und der Hinterhof atmen Geschichte und scheinen für die Inszenierung wie geschaffen«, findet Svea Haugwitz. Als provozierend und bedrückend bezeichnet die Dramaturgin die Spielszenen im Keller. Das Leid der Familie, die Erfahrungen in Konzentrations- und Vernichtungslagern werden gepaart mit Schicksalen syrischer Flüchtlinge. Wie viele Familien wurden auch Cohn, Bucky und Levy in der ganzen Welt zerstreut. Zur Premiere am 20. Mai werden Nachfahren aus Südafrika, den USA, aus Großbritannien und aus Kanada erwartet.
»Wenn man Menschen ausgrenzt, so fügt man sich selber den größten Schaden zu«, fasst Bernhard Stengele die Aussage des Stückes zusammen. »Die Ausgrenzung der jüdischen Familien war ein Verlust für Altenburg und ein Verlust für Deutschland.«

Die Premiere am 20. Mai ist ausverkauft! Weitere Vorstellungen in Altenburg: 21. 5., 24. 5., 26. 5., 27. 5., 28. 5., 31. 5., 1. 6. und 2. 6., jeweils 19.30 Uhr, ab Markt 23.
Vom 7. bis 12. September wird die Produktion im Jaffa Theater, Tel Aviv, gezeigt.
www.cohn-bucky-levy.de

Autor:

Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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