Sächsische Kirchenzeitung "Der Sonntag" fragt: "Ist das Bekenntnis überholt?"
Für eine Hermeneutik der Bekenntnisschriften!

Seit der Bitte an die Synode der EKD im November 2019 in Dresden , sich mit den Aussagen des Bekenntnisses - im Blick auf das Synodenthema "Kirche auf dem Weg des gerechten Friedens" speziell zu den Aussagen in CA 16 zu beschäftigen - geht es nun immer wieder, wunderbar vielschichtig und konträr, um den Umgang mit unseren Bekenntnisschriften. Nun titelt die sächsische Kirchenzeitung "Der Sonntag" in ihrer Ausgabe vom 12.02.2020 sehr plakativ "Ist das Bekenntnis überholt?". Und weil auch unter dieser Überschrift mein Name genannt wird, möchte ich ebenso plakativ antworten: "Nein!" Das Bekenntnis ist nicht überholt! Die Bekenntnistexte unserer Kirche sind historische Texte, deren Relevanz weit über ihre formal-juristischen Dimensionen hinausreichen. Dieser Überzeugung diametral entgehen steht allerdings die Erfahrung, dass die Inhalte dieser Texte weithin wenig oder gar nicht bekannt sind. Selbst in Gesprächen mit Vikarinnen und Vikaren begegne ich inzwischen Aussagen wie "Ich möchte nicht mehr auf die Bekenntnisschriften, sondern nur noch auf die Heilige Schrift ordiniert werden. Die Bekenntnisschriften sind mir nur sehr ausschnitthaft bekannt und was ich gelesen habe, hat nichts mit mir zu tun." Unsere evangelische Kirche steht auf dem Boden von Bibel und Bekenntnis. Sie hört das Evangelium als frohe Botschaft von der befreienden Liebe Gottes und erfährt durch das Bekenntnis dessen maßgebliche Interpretation für den christlichen Glauben. Dabei ist dieses Bekenntnis immer wieder an den Aussagen der Heiligen Schrift zu prüfen. Wer die Bekenntnisschriften liest, kann in ihnen das Ringen um Einsicht und Verständnis wahrnehmen. Sie atmen den Geist, der über das Trennende hinweg die Einheit sucht, der unter allen Unterschieden das Verbindende hochhält, aber auch sehr klar trennt, was dem Evangelium nicht dient. Gerade in einer Zeit, in der einer großen Unverbindlichkeit das Wort geredet wird, ist die Besinnung auf die Bekenntnisse als Maßstab ein hohes Gut. Und genau aus dieser Überzeugung geht es um die Beschäftigung und Auseinandersetzung mit den Inhalten der Bekenntnisschriften! Wenn junge, ambitionierte Menschen auf dem Weg in den Pfarrberuf wenig oder nichts mehr mit den Inhalten anfangen können, ist das ein Signal, dass wir eben nicht in lebendiger Weise mit den Bekenntnissen leben und umgehen, sondern sie museal behandeln und als Schriftsammlung im Leineneinband nichts weiter als ein Stück theologischer Sonderliteratur abgeben. Was wir heute brauchen (und das war wohl auch in der Vergangenheit nicht anders) ist wieder und wieder eine Hermeneutik der Texte! Dazu gehört das Wissen um ihre Entstehung ebenso, wie das um ihre Rezeptionsgeschichte. Und dazu gehört auch, dass man eine Auslegung in die jeweilige Zeit hinein wagt. Nur ein lebendiger Umgang mit ihnen, nur der Gebrauch, ja und auch eine streitbare Auseinandersetzung mit anstößigen, aufreibenden Stellen und Aussagen (!) holen sie ins Leben und damit dorthin, wo sie hingehören. Als Regionalbischöfin fühle ich mich mit dafür verantwortlich, nach Wegen und Möglichkeiten zu suchen, dass die Aussagen der Bekenntnisschriften als Anker und Bojen auf dem Weg der Kirche als das Schiff auf dem Meer durch die Zeit gesehen werden können. Wenn die uns derzeit begleitende Diskussion dazu anleiten könnte, wäre schon eine ganze Menge gewonnen...

Herzlich Shalom,
Friederike F. Spengler,

Autor:

Friederike Spengler

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