Kalenderblatt
300 Jahre Johann Georg Tromlitz
- hochgeladen von Ines Telle
Johann Georg Tromlitz wurde als Sohn des Hans Georg Tromlitz aus Reinsdorf und seiner Frau Margarethe geboren. Nur wenige Tage nach seiner Geburt empfing er in der St.-Petrus-und-Pauls-Kirche zu Reinsdorf die heilige Taufe – vollzogen von Pfarrer Johann Christian Zimmermann, der erst kurz zuvor das Amt seines Vorgängers übernommen hatte.
In eben dieser Kirche, am gleichen Taufstein, war rund 130 Jahre zuvor bereits der berühmte Komponist und Dichter Constantin Christian Dedekind getauft worden – ein bemerkenswertes Zeugnis der langen musikalischen Tradition dieser Gemeinde.
In den Archiven von Reinsdorf begegnet uns der Name Tromlitz immer wieder: Ein Johann Andreas Trumlitz (1684), ein Michael Tromlitz (1699), dem eine Schankgerechtigkeit verliehen wurde, oder ein Jacob Tromlitz (1705). Diese Spuren bezeugen eine Familie, die fest in der Region verwurzelt war – bodenständig, arbeitsam und Teil eines lebendigen kirchlichen Lebens.
Schon früh zeigte sich, dass der junge Johann Georg ein besonderes musikalisches Talent besaß. Wahrscheinlich sang er im Adjuvantenchor seiner Heimatkirche mit – der den Gottesdienst musikalisch begleitete. Dort bemerkte man sicherlich seine Begabung.
Vermutlich erkannte der Pfarrer Zimmermann, der selbst am Gymnasium Rutheneum in Gera gelernt hatte, in dem Knaben mehr als nur einen begabten Sänger. Er sah das Potenzial eines jungen Menschen, der durch Bildung und Musik Großes erreichen könnte. So liegt nahe, dass er den Kontakt nach Gera vermittelte und den Schulbesuch dort ermöglichte.
In Gera traf Tromlitz auf einen gleichaltrigen Mitschüler, Christoph Benjamin Carl, der später Pastor in Neumark an der Saale wurde. Diese Freundschaft hielt über viele Jahre hinweg und verband schließlich auch ihre Familien: Tromlitz’ ältester Sohn heiratete Carls Tochter.
Nach seiner Schulzeit begann Johann Georg Tromlitz 1750 ein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Leipzig. Er wurde Notarius Publicus Caesareus, ein kaiserlich öffentlicher Notar – eine angesehene Stellung. Doch das, was in ihm wirklich lebte, war die Musik.
Schon 1754 wurde Tromlitz Flötist im „Großen Concert“, dem späteren Gewandhausorchester Leipzig. Seine Zeitgenossen rühmten ihn als Virtuosen, dessen Spiel „von vollkommener Reinheit und Sicherheit des Tons“ geprägt war. 1758 heiratete er die Leipzigerin Maria Christina Bock, mit der er fünf Kinder hatte.
Er wirkte als Musiker, Lehrer und Komponist – aber auch als ein Forscher des Klangs. Seine Neugier und sein handwerkliches Geschick führten ihn zum Instrumentenbau, und schließlich entwickelte er eine Flöte mit acht Klappen, die als Vorläufer der modernen Querflöte gilt.
Tromlitz veröffentlichte mehrere Werke, die bis heute zu den Grundlagen des Flötenspiels zählen:
- Kurze Abhandlung vom Flötenspiel (1786)
- Ausführlicher und gründlicher Unterricht, die Flöte zu spielen (1791)
- Über die Flöten mit mehreren Klappen; deren Anwendung und Nutzen (1800)
In seinen Leipziger Jahren unterrichtete Tromlitz viele Schüler, darunter zahlreiche Studenten. Sein Wirken reichte weit über Deutschland hinaus. Besonders in Russland wurde er hochgeschätzt und als Flötenvirtuose gefeiert.
Was Johann Georg Tromlitz begann, setzte sich in seiner Familie über Generationen fort – fast wie ein göttlicher Funke, der weitergegeben wurde. Zahlreiche seiner Nachkommen wurden selbst zu musikalischen Persönlichkeiten.
Sein Sohn Georg Christian Gotthold Tromlitz wirkte zunächst als Kantor von Greiz, später als Stadtkantor von Plauen und machte sich auch als Komponist einen Namen.
Seine Enkelin Marianne Tromlitz wurde eine angesehene Sängerin und Klavierpädagogin, die das musikalische Erbe ihres Großvaters weiterführte.
Und seine Urenkelin schließlich wurde eine der größten Musikerinnen des 19. Jahrhunderts: Clara Schumann, gefeierte Pianistin, Sängerin und Komponistin, die mit ihrem Wirken das europäische Musikleben nachhaltig prägte.
In ihnen – und in vielen anderen Nachkommen der Familie Tromlitz – lebte die schöpferische Kraft weiter, die einst in dem kleinen Dorfkind aus Thüringen ihren Anfang genommen hatte.
Johann Georg Tromlitz starb 1805 in Leipzig. Doch sein Werk und seine Idee von Musik als Ausdruck göttlicher Ordnung leben fort.
Er war nicht nur ein Künstler, sondern ein Mensch, der seine Gabe als Auftrag verstand. Seine Wurzeln im thüringischen Reinsdorf, die geistliche Prägung durch Pfarrer Zimmermann, und seine unerschütterliche Suche nach Reinheit im Ton – all das formte ihn.
Heute, fast 300 Jahre nach seiner Geburt, klingt sein Name noch immer nach – leise, klar und beständig, wie der Atem durch eine Flöte.
Autor:Ines Telle |
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