Ein Blick auf Bachs Zeit in Köthen
Abschied aus Anhalt vor 300 Jahren

Der Autor Andreas Hillger und die Pianistin Sylvia Ackermann blickten auf Bachs Zeit in Köthen. | Foto: Johannes Killyen
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Ein Taler Stuhlgeld für die Agnusgemeinde – die wollte der große Johann Sebastian Bach am Ende nicht schuldig bleiben, als er Köthen 1723 den Rücken kehrte und nach Leipzig wechselte. Dabei war dieser Abschied keineswegs endgültig. Das wird inmitten der Feierlichkeiten zum Amtsantritt als Leipziger Thomaskantor vor 300 Jahren gerne vergessen.
Wenig bekannt ist, dass der Meister seinen Titel als „Hochfürstlich Anhalt-Cöthenscher Capellmeister“ mit dem Berufswechsel stolz weitertrug, in bestem Einvernehmen mit dem ehemaligen Dienstherren Leopold. Ein Nachfolger wurde nicht berufen. Wer konnte schon einen Bach ersetzen? Sechs fruchtbare und wechselvolle Jahre hatte der Barockmeister von 1717 bis 1723 im aufgeklärten Kleinstfürstentum mit obligater Hofkapelle verbracht.
Eine wichtige Zeit, die in Köthen üblicherweise mit viel Enthusiasmus bedacht wird. Bloß gerade jetzt nicht, wo es gilt, den Blick auch zurückzurichten und Bachs Abschied würdigend zu bedenken. Gut, dass sich am Samstag, 13. Mai, eine kleine, aber feine „Literarisch-musikalische Séance“ der Köthen Kultur und Marketing GmbH in der Schlosskapelle unter dem Titel „Zwischen den Stühlen“ dieser Zeit des Übergangs widmete.
Der Autor Andreas Hillger las aus seiner mit viel Kenntnis, historischem Klang, sprachlichem Florett und subtilem Witz verfassten fiktiven Postille Bachs an den „Durchlauchtsten Leopold“. Die Pianistin Sylvia Ackermann spielte dazu auf einem „Tangentenflügel“ aus der Musicalien-Kammer des Köthener Schlosses Werke des Vaters und zweier Bach-Söhne. Höhepunkt war die C-Dur-Fantasie von Carl Phi-lipp Emanuel, eine auskomponierte Improvisation, die auf dem historischen Instrument von 1790 in all ihrer Farbigkeit leuchtete.
Andreas Hillger nahm das Publikum hinein in die Freude Bachs an seinem exzellenten Orchester, in musikalische Experimente für die Ewigkeit, aber auch in die Trauer nach dem plötzlichen Tod der Gattin Maria Barbara – in den ehelichen Neuanfang mit der Sängerin Anna Magdalena und in die Nöte der lutherischen Familie Bach im calvinistischen Köthen. Die ging bekanntlich in der Kirche St. Agnus zum Gottesdienst, während St. Jakob den Reformierten vorbehalten war. Nicht zu vergessen der Ärger über die unmusikalische Fürsten-gattin, die historisch verbürgte Gebühr für das Kirchengestühl und – viel wichtiger – die wunderbare Musik, die der Leipziger Bach noch für Köthen schreiben sollte.
Johannes Killyen

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Online-Redaktion

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