Thüringer Tulpen in Äthiopien

Priester in Yeha mit wertvollem Evangeliar. Bereits Herzog Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha holte Mitte des 17. Jahr-
hunderts Wissenschaftler an seinen Hof, die auch Äthiopien erforschten. Ihre Forschungsergebnisse werden heute noch zu wissenschaftlichen Arbeiten genutzt. | Foto: Hanfried Victor
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  • Priester in Yeha mit wertvollem Evangeliar. Bereits Herzog Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha holte Mitte des 17. Jahr-
    hunderts Wissenschaftler an seinen Hof, die auch Äthiopien erforschten. Ihre Forschungsergebnisse werden heute noch zu wissenschaftlichen Arbeiten genutzt.
  • Foto: Hanfried Victor
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Verbindungen gibt es schon seit Mitte des 17. Jahrhunderts. Seit Mai 2016 gibt es sogar eine Städtepartnerschaft zwischen Gotha und dem äthiopischen Adua. Kürzlich besuchten Gothaer Äthiopien. Ein Reisebericht.


Von Hanfried Victor

Äthiopien blickt zurück auf eine rund 3 000-jährige Geschichte. Das älteste menschliche Skelett »Luci« wurde hier gefunden. Aber auch die Geschichte der Königin von Saba und des israelischen Königs Salomo ist mit Äthiopien verbunden. Seit dieser Zeit ist man überzeugt, die Bundeslade zu besitzen. Sie wird in der heiligen Stadt Axum verwahrt und verehrt.
Äthiopien hat auch eine sehr lange christliche Vergangenheit. Im 4. Jahrhundert wurde das Land – nach Armenien und Georgien – der dritte christliche Staat der Welt. Bis 1974 war Äthiopien weit über 800 Jahre ununterbrochen ein Kaiserreich und musste sich – als einziges Land in Afrika – niemals einer fremden Macht unterwerfen.
Im Frühjahr fand eine erste Bürgerreise von Gotha in dieses faszinierende Land, in die tigrayiische Landeshauptstadt Mek’ele und die Partnerstadt Adua statt. 17 Reisende, die allesamt noch niemals in Äthiopien waren, machten sich unter meiner Leitung auf die große Reise in das Land am Horn von Afrika. Für mich selbst war es die siebte Reise dorthin. Die langjährige Freundschaft zur Familie eines jungen Äthiopiers hilft mir, die Seele dieses Landes etwas besser zu verstehen.
Während unserer Reise besuchten wir in Addis Abeba die Evangelische Gemeinde Deutscher Sprache. Wir waren in den monolithischen Felsenkirchen von Lalibela, besuchten die vorchristliche Ausgrabungsstätte in Yehia, die heilige Stadt Axum mit der Bundeslade, die Wasserfälle des Blauen Nils in Bahir Dar und Klosterkirchen auf einer Insel des großen Tanasees.
Die Äthiopier sind sehr religiös. Etwa 63 Prozent der Bevölkerung sind Christen, 34 Prozent sind muslimischen Glaubens, zudem gibt es auch einen kleinen Prozentsatz an Anhängern der traditionellen afrikanischen Religionen. Und alle vertragen sich bestens untereinander und leben in Harmonie miteinander.
Wenn in Äthiopien sonntags und an verschiedenen Wochentagen zum Gottesdienst gerufen wird, sind die Straßen voll weiß gekleideter Menschen, die zur Kirche eilen. Wir haben keine Kirche erlebt, die nicht offen war und in der nicht Menschen zum Gebet und zur Andacht weilten.
Ein Besuch galt der Landesregierung von Mek’ele, wo uns die Landtagspräsidentin persönlich empfing. In Adua besichtigten wir das Rathaus, die Schule, das Waisenhaus sowie die Mekane-Yesus-Church und das Krankenhaus der Region, das als Einziges für 750 000 Menschen zuständig ist.
In der Schule empfingen uns trotz Ferien über 200 Schüler und ihre Lehrer. Immerhin galt es, die zarte Pflanze einer Schulpartnerschaft mit der Gothaer Evangelischen Grundschule zu feiern und zu festigen.
Wenn eine Patenschaft keine Einbahnstraße werden soll, ist Augenhöhe für beide Seiten wichtig. Da braucht man gemeinsame Visionen und Ziele. Und es braucht persönliche Freundschaften, die kontinuierlich gepflegt werden.
In unserem Reisegepäck waren darum auch 1 000 Tulpenzwiebeln, nicht wissend, ob die in afrikanischem Boden auch gedeihen würden. Nach drei Wochen erhielt ich eine Mail aus der äthiopischen Hauptstadt: »Tulpen in Addis! Die ersten blühen schon! Würden doch mehr gestreute Samen so schön aufgehen!« Die Samen der Städtepartnerschaft zwischen Gotha und Adua haben da auch schon ihre ersten zarten Blüten.

Der Autor ist Pfarrer i. R. und engagiert sich für die lebendige Partnerschaft zwischen Gotha und Adua in Äthiopien.

Priester in Yeha mit wertvollem Evangeliar. Bereits Herzog Ernst der Fromme von Sachsen-Gotha holte Mitte des 17. Jahr-
hunderts Wissenschaftler an seinen Hof, die auch Äthiopien erforschten. Ihre Forschungsergebnisse werden heute noch zu wissenschaftlichen Arbeiten genutzt. | Foto: Hanfried Victor
Die Reisegruppe aus Gotha unter der Leitung von Hanfried Victor (vorne rechts) vor dem Parlament von Mek’ele. | Foto: Hanfried Victor
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Kirchenzeitungsredaktion EKM Süd

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