Serie: Buga, Bibel und Botanik (3)
Knackiger Wächter und sanftes Zeichen

Pfarrer i.R. Johannes Schmidt | Foto: Conny Mauroner
  • Pfarrer i.R. Johannes Schmidt
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Heute möchte ich mit Ihnen eine biblische Pflanze betrachten, die vielleicht auch in Ihrem Garten wächst: den Mandelbaum. Er zählt zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt. Schon früh wurden Mandeln aus Palästina nach Ägypten eingeführt, um Öl zu gewinnen. Mandeln als Nahrungsmittel finden sich auch unter den Geschenken, die die Brüder Josefs nach Ägypten mitbrachten.

In Israel nennt man den Mandelbaum „šaqed“, das heißt „der Wächter“. Diese Bezeichnung nimmt Bezug auf die frühe Blüte des Baumes – der Mandelbaum ist praktisch der erste blühende Baum und so ein Wächter des neu beginnenden Naturjahres. Deshalb wird dieser „Wächter“ oft zu einem Bild der Nähe und Begleitung Gottes. Im 4. Buch Mose wird zum Beispiel erzählt, wie für ein Gottesurteil alle Stammesführer ihre Stäbe in das Heiligtum legen sollten. Am nächsten Morgen hat der Stab Aarons nicht nur ausgeschlagen, sondern er trägt auch Blüten und reife Mandeln. Er ist zum Mandelbaum geworden. So soll auch Aaron und seine Nachfahren zu Priestern werden, zu Wächtern über Gottes Gerechtigkeit auf Erden.

Im ersten Kapitel des Propheten Jeremia finden wir ein Wortspiel: So wie der Mandelbaum über das Jahr wacht, wacht Gott über sein Wort und Volk. Ein Mandelzweig wird zum sanften Zeichen des Aufbruchs, zum Versprechen, dass Gott mitwächst und wacht bis zum Ende. Im Jerusalemer Heiligtum des Volkes Israel stand ein siebenarmiger Leuchter aus 22 goldenen Mandelblüten. Auch dies als ein Zeichen für eine blühende Zukunft, selbst wenn wir Menschen nur Vernichtung und das Ende sehen.

Sogar in der Kulturgeschichte Europas hat die Mandel ihre Spuren hinterlassen. Bis zur Romanik wurde Christus als Herrscher über die Welt mit einer Mandorla, einem mandelförmigen Heiligenschein, dargestellt.
So ist die Mandel ein Zeichen für einen Neuanfang, selbst dort, wo wir meinen am Ende zu sein. Der Mandelzweig will sagen: Da bricht etwas auf in der Natur. Da bricht es auf in der Seele. Da beginnt ganz vorsichtig Zukunft.

Gartenpfarrer Johannes Schmidt

Kleine Blume – große Geschichte
Autor:

Johannes Schmidt

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