Erfahrung
Gemeinsam in der Isolation

Eberhard Grüneberg mit Ehefrau, Sohn und Schwiegertochter sowie den Enkelinnen Salome und Heide (v. l.) | Foto: Mirjam Petermann
  • Eberhard Grüneberg mit Ehefrau, Sohn und Schwiegertochter sowie den Enkelinnen Salome und Heide (v. l.)
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Wie wir derzeit leben, dafür werden wir nicht selten auch skeptisch beäugt. Halles Oberbürgermeister verkündete bereits am 12. März, dass einen Tag später alle Schulen und Kindergärten wegen Corona geschlossen werden müssen. Wir hörten es im Radio und riefen sofort bei den Kindern in Halle an: „Kommt doch nach Eisenach.“ Beide sind Freiberufler und könnten es sich einrichten. Ihre beiden Töchter, Heide ist in der ersten Klasse und Salome noch im Kindergarten, mussten nun so oder so zu Hause betreut werden.
Wir warben weiter: „Wer weiß, wie weit die Beschränkungen noch gehen? Wenn es wie in China zu Ausgangssperren kommt, dann seid ihr in eurer kleinen Drei-Zimmer-Wohnung eingesperrt. In Eisenach könnten wir dann immer noch in den großen Garten an die frische Luft gehen.“ Die Kinder klangen zurückhaltend. „Enkelkinder sollen doch den Kontakt zu ihren Großeltern vermeiden. Was ist, wenn sie jetzt schon infiziert sind und euch anstecken? Außerdem würde das bedeuten, dass wir dann einige Wochen, vielleicht sogar Monate bei euch sein müssten. Werden wir das miteinander überhaupt aushalten, ohne uns zu zerstreiten?“
Ja, das dauerhafte Beieinandersein waren wir natürlich nicht gewohnt. Die Enkelinnen waren bisher nur alle paar Wochen an einem längeren Wochenende mit den Eltern zu Besuch in Eisenach. Einmal im Jahr auch für eine Woche ohne Eltern. Dabei galt immer das Prinzip: Die Großeltern sind nur zum Verwöhnen da, nicht zur Erziehung. Das ist Sache der Eltern! Aber Prinzipien sind das eine, das wirkliche Leben ist das andere. Die Kinder erinnern ihre eigene Erziehung, also unseren Erziehungsstil damals, als „old school“, autoritär und mittelalterlich! Wir betrachten gelegentlich ihren Erziehungsstil „auf Augenhöhe“ als inkonsequent, überbesorgt und zeitraubend. Falls wir uns hier als Großeltern einmischten, käme es unvermeidlich zum Eklat. Junge Eltern heute machen tatsächlich alles anders. Mit anderen Worten: Ein engeres Zusammenleben hätte auf jeden Fall eine gewisse Brisanz. Dagegen gäbe es nur bestimmte Haltungen: Zurückhaltung, Verständnis und Zusammenarbeit! Das hieße dann: Arbeit! An mir! An uns! An der Familie! Wollen wir das?
Wir positionierten uns: „Wir kommen sicher miteinander aus! Und wir fänden es besser, wenn wir zusammen sind! Es heißt doch, dass sich sowieso über kurz oder lang sechzig bis siebzig Prozent der Bevölkerung anstecken. Damit ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch wir dazugehören. Dann wollen wir bis dahin aber lieber mit euch und gemeinsam in der Familie zusammen sein, als hier allein zu sein und euch in eurer kleinen Wohnung zu wissen. Wir wären sehr dankbar, wenn ihr zu uns kommt.“ „Also gut! Wir kommen am Wochenende! Wir freuen uns!“
Seitdem genießen wir unsere Enkelkinder ganz intensiv. Aber wir sind uns durchaus bewusst, dass alles davon abhängt, dass es uns allen gut geht.
Eberhard Grüneberg

Autor:

Online-Redaktion

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