Aufgeblüht
Dornige Schönheit mit betörendem Duft

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Im Frühsommer zeigt sie ihre volle Pracht – die Rose. Die „Königin der Blumen“ fasziniert seit 5000 Jahren. Eine kleine Kulturgeschichte der dornigen Schönheit.

Von Angelika Prauß 

Sie tragen so klangvolle Namen wie Acapella, Blanche Moreau, Guirlande d’Amour oder Troubadour. Manche Rosen verströmen zudem einen betörenden Duft, andere faszinieren durch ihre Farben und Blütenformen. Kein Wunder also, dass allein rund 60 000 Sorten zu den Garten- und Schnittrosen zählen, die alle namentlich unterschieden werden wollen.

Und jedes Jahr kommen weitere hinzu, wie Hans-Peter Mühlbach, Präsident der Gesellschaft Deutscher Rosenfreunde, betont. Allein die großen deutschen Züchter präsentierten jährlich bis zu 30 neue Rosensorten. In der Gunst von Experten und Blumenliebhabern hoch im Kurs liegen laut Mühlbach schöne, oft nostalgisch anmutende Blüten, die einen besonderen Duft aufweisen. Heute seien besonders die Edelrosen mit ihren elegant geformten Blüten als Schnittblumen „unübertroffen“, so Mühlbach, dessen Verein über 4 000 Rosenfreunde zählt.

Die Rosenliebe der Menschen reicht weit zurück. Vor rund 5 000 Jahren wurden in China erste Rosengärten angelegt. Die Sumerer haben nachweislich Rosen gezüchtet; auf einer 4 000 Jahre alten sumerischen Tontafel befindet sich die wohl älteste Rosendarstellung der Welt. Auch in Persien wurden früh Anlagen mit stark duftenden Rosen bepflanzt. Später, in der Antike, erreichten die ersten Gartenrosen über Griechenland auch Europa. Im Römischen Reich galten sie als Luxusgut. Die Menschen nutzten sie schon damals zur Herstellung von Parfüms und Heilmitteln.

In der Aromatherapie wird die Blume aufgrund ihrer beruhigenden wie stimmungsaufhellenden Wirkung als Heilpflanze eingesetzt. Vor allem die in Persien kultivierte Damaszener Rose wurde bereits in den Jahrhunderten um die Zeitenwende in Arabien und Indien für ihre Heilwirkung geschätzt, im 12. Jahrhundert lobte auch Hildegard von Bingen deren positive Effekte auf Gemüt und Körper.
Die europäische Rosenzucht begann, als rund 500 Jahre später Seefahrer die Pflanze aus chinesischen Gärten mitbrachten. Durch die Kreuzung europäischer und asiatischer Rosen kam es zu der großen Vielfalt alter und neuer Sorten.

Der beste Platz, um sie zu bewundern, ist für Rosenexperte Mühlbach das Europa-Rosarium Sangerhausen im Südharz. Diese weltweit größte Rosensammlung umfasst mehr als 8 600 verschiedene Sorten und Arten. Eine „großartige Rosensammlung“ gebe es auch im Rosarium des Dortmunder Westfalenparks. Weitere Empfehlungen sind unter anderem die Gönneranlage in Baden-Baden mit über 10 000 Rosenstöcken, der Rosengarten Zweibrücken und das Rosarium im norddeutschen Uetersen.

Wer nicht so weit fahren möchte, kann auch auf Maria Mail-Brandts Internet-Seite „Welt der Rosen“ stöbern. Seit 1999 trägt die Rosenliebhaberin alles zusammen, was Gleichgesinnte interessieren könnte. So stellt sie über 8 000 Rosensorten auf ihrer Seite vor, darunter kurios anmutende wie Frolic, Atombombe oder Lykkefund – „ein ›Glücksfund‹ des Züchters“. Persönlich hat es ihr die Geschichte hinter Rosennamen wie Konrad Adenauer oder Mayflower angetan. In ihrem eigenen kleinen Garten hat sie 40 Rosen. Ihr Kriterium: „Die müssen duften – ich stecke zuerst immer meine Nase rein.“

Aber nicht nur Gartenliebhabern wie Mail-Brandt hat es die dornige Schönheit angetan, gilt die Rose doch als Symbol der Liebe. Und so inspirierte wohl kaum eine andere Blume so viele Künstler. Dichter und Schriftsteller fanden blumige Worte für sie, Maler und Musiker verewigten sie in ihren Werken.
Ein anderer Grund, warum sie die Fantasie anregt, mag an ihrer Ambivalenz liegen. Denn: keine Rose ohne Dornen. „Ärgere dich nicht darüber, dass der Rosenstrauch Dornen trägt, sondern freue dich darüber, dass der Dornenstrauch Rosen trägt“, besagt ein arabisches Sprichwort. Dichter Khalil Gibran gibt zu bedenken, dass auch eine weiße Rose einen schwarzen Schatten wirft.

Denn auch die größte Liebe kann einmal vergehen und sich in Hass verwandeln. Statt dem geliebten Menschen rote Rosen zu schenken, folgt ein „Rosenkrieg“. Der Begriff geht auf die Auseinandersetzung der beiden englischen Adelshäuser York und Lancaster zu-rück – beide führten eine Rose in ihrem Familienwappen.

Weit versöhnlicher ist da die Idee der Friedensrose. So hat die „Rosenstadt“ Eltville der japanischen Stadt Hiroshima eine Rose gewidmet als Zeichen für eine friedvolle, atomwaffenfreie Welt. Und zum 70. Jahrestag des Weltkriegsendes wurde 2015 in Norddeutschland die Strauchrose Friedenslicht getauft, erste Exemplare wurden in Gedenkstätten gepflanzt.

Und so ist die Rose auch eine Blume, die Gemüt und Seele wärmt. Bezeichnend mag da das Rosenwunder sein, das der heiligen Elisabeth von Thüringen nachgesagt wird. Der Legende nach soll sie Brot für Bedürftige in einem Korb versteckt haben. Als sie kontrolliert wurde, hatte sich der Inhalt in duftende Rosen verwandelt. Rainer Maria Rilke wird Jahrhunderte später schreiben: „Es gibt Augenblicke, in denen eine Rose wichtiger ist als ein Stück Brot.“

(kna) 

Autor:

Online-Redaktion

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