Kloster auf Zeit
Einfach so über den Glauben sprechen

Mit Albe (Tunika): v. l. Rumen Grabow, Louis Janik, Anneke Gerken | Foto: epd-bild/Swen Pförtner
  • Mit Albe (Tunika): v. l. Rumen Grabow, Louis Janik, Anneke Gerken
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Das evangelische Kloster Bursfelde ist eine ehemalige Benediktinerabtei aus dem Jahr 1093. Das 300 Hektar große Klostergut mit seiner romanischen Kirche ist an diesem Wochen-ende fest in der Hand von zwölf jungen Menschen im Alter zwischen 18 und 27 Jahren. Sie sind aus vielen Orten Deutschlands ins Weserbergland gekommen.

Neun Monate bilden sie eine Gemeinschaft, eine ökumenische "Kommunität auf Zeit". Sie möchten Kraft schöpfen aus der Spiritualität des Klosters. Gemeinsam beten sie, schweigen, arbeiten, essen, reden, singen und lachen – geeint auf der Suche nach ihrem Glauben im Alltag. Einer von ihnen ist Rumen Grabow. Der Greifswalder zog nach seinem Abitur ins Wendland, um dort eine Bäckerlehre zu beginnen. "Ich pendelte immer nur zwischen der Arbeit und meinem Zuhause und wusste: Es fehlt etwas. Ich sehne mich danach, mit anderen über tiefere Themen zu sprechen, zum Beispiel die Frage, wie ich zu Gott stehe", erzählt der 19-Jährige. "Das Klosterprojekt kam wie gerufen."

Viermal innerhalb der neun Monate kommen die Mitglieder für jeweils drei bis sieben Tage in Bursfelde zusammen. Dazwischen halten sie über Chats, Videotelefonate und soziale Medien Kontakt. Jede Woche sendet reihum einer aus der Gruppe ein Gebet, ein Foto, einen Impuls, der dazu anregt, sich mit den anderen auszutauschen und die klösterlichen Erfahrungen in den Alltag zu integrieren.

Klaas Grensemann, Referent im Kloster, hatte die Idee für das Projekt. Der Diakon ließ sich von Justin Welby inspirieren. Der Erzbischof von Canterbury gründete 2015 in England die "Community of St. Anselm", um jungen Christen aus der ganzen Welt die Chance zu geben, in einem Kloster ein Gemeinschaftsleben auf Zeit zu erleben. Das liegt auch Grensemann am Herzen. "Kirche bietet viel für Kinder und Jugendliche und dann wieder für Familien und Ältere", sagt er, "aber zu wenig für das Alter dazwischen."
Der 49-Jährige möchte diese Lücke schließen. Und die Resonanz gibt ihm recht. Innerhalb von drei Wochen war die "Kommunität auf Zeit" ausgebucht. Louis Janik aus Hannover hat einen Platz bekommen. Der 26-Jährige studiert Theologie und Biologie und freut sich, dass er in Bursfelde praktisch das leben kann, was er im Studium lernt. "Hier bin ich kein Beobachter, hier bin ich mittendrin im Klosterleben", sagt er. Das bestätigt Grensemann. "Wir spielen hier nicht Kloster, wir sind eine echte Klostergemeinschaft."

Gebete und Gartenarbeit
"Ora et labora" – Gebete und Gartenarbeit: Die Tage im Kloster sind strukturiert. Um zwölf Uhr versammeln sich alle im Innenhof zum Mittagsgebet. Unter den ausladenden Ästen einer Buche stehen sie im Kreis, in graue Alben gehüllt, die Köpfe gesenkt. Es ist still. Nur ein Brunnen plätschert leise. Dann läuten die Kirchenglocken und Klaas Grensemanns Stimme erhebt sich zum Gebet.
"Es ist toll, was passiert, wenn man diese Albe anzieht", sagt Anneke Gerken anschließend mit leuchtenden Augen, "es ist ein eindrucksvolles, irgendwie heiliges Gefühl. Man wächst ein Stück." Die 21-jährige Oldenburgerin hat bereits viele Monate einsames Onlinestudium hinter sich. Doch auch ohne Pandemie sei es nicht leicht, Gesprächspartner für das zu finden, was sie bewege. "Mit meinen Freunden kann ich jedenfalls nicht einfach mal so über Gott und Glauben sprechen."
Kommunitäten und Klöster sind nach den Erfahrungen des braunschweigischen Landesbischofs Christoph Meyns besondere Orte der Achtsamkeit, des Gebetes und der Liturgie. Sie leisteten Widerstand gegen einen Zeitgeist der Selbstüberforderung und des Leistungsdrucks, so Meyns, der auch EKD-Beauftragter für Klöster und Kommunitäten ist.

Nach dem Mittagsgebet, die grauen Alben sind ausgezogen, versammeln sich alle im Speisesaal. Stille und Nachdenklichkeit sind fröhlichem Gelächter und Small Talk gewichen. In Jeans und Sweatshirt stehen Wilko, Anneke, Rumen und all die anderen am Büfett und füllen sich ihre Teller mit dampfen-den Tortellini. Am Tisch geht es um die gleichen Themen wie in der Uni-Mensa: um Corona, um Onlinevorlesungen und um die Frage: Ist das RTL-Dschungelcamp jetzt eigentlich abgesagt? Keiner weiß es so genau, aber alle diskutieren, scherzen, lachen.

Claudia Pennigsdorf (epd)

kloster-bursfelde.de/klosterprojekt

Wie geht noch mal missionieren?
Autor:

Online-Redaktion

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