Schwerpunkt
Eine christliche Grundhaltung

Verlässliche Gemeindeseelsorge: Die persönliche Begleitung und Unterstützung ist ein wesentlicher Bestandteil geistlicher Gemeinschaft. Seelsorge kann Ermutigung, Zuspruch, Ermahnung und Tröstung beinhalten. Seelsorger sind in erster Linie Hörende.   | Foto:  (Motivbild) kna-bild/Harald Opitz
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  • Verlässliche Gemeindeseelsorge: Die persönliche Begleitung und Unterstützung ist ein wesentlicher Bestandteil geistlicher Gemeinschaft. Seelsorge kann Ermutigung, Zuspruch, Ermahnung und Tröstung beinhalten. Seelsorger sind in erster Linie Hörende.
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Seelsorge: Landesbischof Friedrich Kramer macht die geistliche Kernaufgabe zum Schwerpunkt seiner Amtszeit. Er fokussiert sich dabei vor allem auf die Seelsorge in den Kirchengemeinden. Willi Wild hat mit dem Bischof darüber gesprochen.

Wie ist es um die Gemeindeseelsorge in der EKM bestellt?
Friedrich Kramer: Wir wissen es nicht genau. Was wir wissen ist, dass Gemeindeseelsorge geschieht. Die Definition ist hingegen sehr unterschiedlich. Vom Einzelgespräch nach der GKR-Sitzung bis zur versuchten Kontaktaufnahme, also dem klassischen Hausbesuch.

Was ist für Sie Gemeindeseelsorge?
Da unterscheide ich zwei Bereiche: Einmal die spezialisierten Felder, wie etwa die Telefon-, Klinik-, oder Notfallseelsorge, die hochprofessionell agieren. Und zum anderen möchte ich ergründen, wie die verlässliche, professionelle Gemeindeseelsorge in der Fläche vorkommt. Ich glaube, dass der Besuchsdienst in den Gemeinden stärker ausgebaut werden muss.

Geht es etwas konkreter? Ist Seelsorge Beichte, Therapie, Glaubensstärkung, Gebet und Segen oder alles zusammen?
Ich will es mal so sagen: Nicht jedes Gespräch ist seelsorgerlich, aber aus jedem Gespräch kann ein seelsorgerliches werden. Das muss nicht zwangsläufig in eine Beichte münden, aber Beichte und der Zuspruch der Vergebung sollten wir in der Seelsorge wieder stärker betonen.
Seelsorge ist eine Grundhaltung, die Christen miteinander haben, zu schauen, wie es der Seele des anderen geht. Zudem ist sie für unsere Hauptamtlichen ein Teil der Berufsbeschreibung. Ein Gespräch wird da zur Seelsorge, wo die geistliche Dimension, das Evangelium, aufleuchtet.

Wie hoch ist der Stellenanteil für Gemeindeseelsorge beim Pfarrberuf?
Wir haben leider keine klare Stellenbeschreibung, aber wir arbeiten daran. Aus meiner Erfahrung kann ich sagen, dass man das schwer in einer Dienstvereinbarung fassen kann. Es gibt eine hohe Erwartung an die Seelsorge in den Gemeinden und einen hohen Anspruch der Seelsorger an sich selbst. Oft überlagern andere Aufgaben diesen, ich nenne ihn mal „soften“ Faktor, der nicht abrechenbar oder darstellbar ist. In manchen Kirchengemeinden rechnet man auf Grund der immer größer werdenden Strukturen oft gar nicht mehr mit einem Seelsorgeangebot.

Gibt es eine Bedarfsanalyse für Gemeindeseelsorge?
Nein, die gibt es nicht. Aber wenn Sie Gemeindeglieder fragen, dann wird der Wunsch nach Seelsorge oft genannt. Um auch dieser Frage nachzugehen, werden wir die Visitation der Seelsorge durchführen und wissenschaftlich begleiten lassen. Die ersten Ergebnisse könnten idealerweise dann Bestandteil meines Berichts vor der Synode im Frühjahr 2022 sein. Das ist ein ambitioniertes Vorhaben.
Verlässliche Gemeindeseelsorge ist meines Erachtens eine der wichtigsten Aufgaben für die Zukunft unserer Kirche. Dazu gehört, den Besuchsdienst stärker in den Blick zu nehmen. Jesus Christus hat uns das vorgemacht. Wir lesen im Neuen Testament, dass er sich einfach bei Menschen eingeladen hat. Wir müssen als Kirche ein Interesse daran haben, den Kontakt zu Menschen herzustellen. Und wenn ein Hauptamtlicher kommt, stärkt dies die Bindung an die Kirche und den Glauben.

Sie wollen, um das zu ermöglichen, die Seelsorger von anderen Aufgaben entlasten. Wie kann das geschehen und vor allem: Wer soll die Arbeit machen?
 Wir sollten uns da keine Denkverbote auferlegen. Mir schwebt beispielsweise eine Arbeitsteilung vor. Warum sollte eine Pfarrerin, ein Pfarrer für alles zuständig sein? Ich kann mir vorstellen, dass es in einem Gemeindeverbund den Schwerpunkt Seelsorge bei einer Person gibt, die dann nur in diesem Bereich tätig ist. Und dass zukünftig, wo das möglich ist, mehr im Team gearbeitet wird und sich Spezialisierungen herausbilden. Die unterschiedlichen Modelle und Strukturen können in Erprobungsräumen getestet werden.
Ich glaube, wir müssen zukünftig in der Struktur und im Zuschnitt der Gemeinden sowie bei der Verteilung der Aufgaben flexibler werden. Aber ich sage auch, dort, wo es heute gut funktioniert, sollten wir es nicht ohne Not verändern.

Seelsorge ist momentan nur eingeschränkt möglich. Wie stehen Sie zu digitalen Angeboten?
Ich bin dafür offen, weil ich glaube, dass Seelsorge in erster Linie über das Hören geschieht. Wenn es sich um einen geschlossenen, sicheren Raum handelt, kann es das Telefonat oder das Zweier-Video-Gespräch sein. Man muss sich nicht unbedingt sehen, wie das Beispiel der Telefonseelsorge zeigt. Bei Seelsorge-Chats bin ich skeptisch, weil das Besprochene zu vertraulich ist, als dass man es schriftlich in solchen Räumen hinterlassen sollte.

Am 26. Februar starten die Visitationen der Seelsorge mit einem Gottesdienst in Halle. Was ist geplant, und wie sind die Visitationen organisiert?
Die Aufgabe der bischöflichen Visitation sehe ich nicht darin, Seelsorgern zu sagen, was sie alles besser machen sollten, sondern darin, die Wertschätzung der Arbeit und – wenn gewünscht – ein Feedback zu geben. Die Besuche sind als Stärkung und kollegialer Beistand gedacht. Es wird einen Fragekatalog geben, der mit Wissenschaftlern der praktischen Theologie entwickelt wird.
Darin soll der Ist-Stand der Gemeindeseelsorge und der Sonderseelsorge erfasst werden. Die Visitationskommission wird sich dann in den Regionen exemplarisch mit der Situation der Seelsorge beschäftigen. Flächendeckend ist das bei der Größe unserer Landeskirche nicht möglich.
Die Ergebnisse geben uns Hinweise, was zurzeit in den verschiedenen Bereichen geschieht, und wie zukünftig das Angebot für verlässliche Gemeindeseelsorge aussehen müsste.

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Verlässliche Gemeindeseelsorge: Die persönliche Begleitung und Unterstützung ist ein wesentlicher Bestandteil geistlicher Gemeinschaft. Seelsorge kann Ermutigung, Zuspruch, Ermahnung und Tröstung beinhalten. Seelsorger sind in erster Linie Hörende.   | Foto:  (Motivbild) kna-bild/Harald Opitz
Landesbischof Friedrich Kramer | Foto: EKM/Anne Hornemann
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