Abromeit bleibt bei seinen Aussagen - Nordkirche distanziert sich
Debatte um Israel-Seminar geht weiter

Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche, Hans-Jürgen Abromeit | Foto: Norbert Schäfer / KEP
  • Der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern der Nordkirche, Hans-Jürgen Abromeit
  • Foto: Norbert Schäfer / KEP

Die Kritik an Aussagen des Bischofs der Nordkirche, Hans-Jürgen Abromeit, hält an. Er hatte am vergangenen Donnerstag in einem Hintergrundseminar auf der Allianzkonferenz im thüringischen Bad Blankenburg zum Thema „Zwei Völker – ein Land. Eine biblische Vision für Frieden zwischen Israel und Palästina“ gesprochen. Darin warb er für beiderseitiges Verständnis und das Aufräumen mit Vorurteilen auf beiden Seiten.

Eine daraufhin von der Nachrichtenagentur idea veröffentlichte Pressemitteilung, die den Vortrag in Auszügen wiedergab, gab den Anstoß für eine breite Debatte in Medien und Kirche - vor allem die Aussage,  dass aus dem Schuldbewusstsein der Deutschen infolge des Holocausts eine „Überidentifikation mit dem Staat Israel“  resultiere. Es werde bewusst nicht unterschieden zwischen dem biblischen Israel und dem heutigen Staat. Das führe aber zu einer Vermischung der theologischen und der politischen Ebene. „BILD“ sprach von einer „Anti-Israel-Rede“ und nannte den Auftritt „erschreckend“.

Laut der Tageszeitung „Die Welt“ hält der religionspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Konstantin von Notz, die Aussagen für unsäglich. Dass es „nach der Schoah ein besonderes Verhältnis Deutschlands zum Staat Israel und zu den Jüdinnen und Juden in der ganzen Welt“ gebe, sei „im besten Sinne Teil der Staatsräson unseres Landes“.

Der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci, nannte es überzogen, „Abromeit jetzt als Antisemiten hinzustellen und in eine Tradition mit den Deutschen Christen zu stellen“. Er gehe davon aus, dass den evangelischen Geistlichen „eher die Sorge treibt angesichts einer Situation, die immer auswegloser scheint“. Gleichzeitig aber betonte der Sozialdemokrat, das Eintreten für die Sicherheit Israels als deutsche Staatsräson sei „folgerichtig aus unserer Geschichte“. Die Wendung „Überidentifikation“ sei „sicher keine geeignete Formulierung, wenn man miteinander auf Lösungssuche gehen will“.

Stellungnahme Abromeits

Wie idea am Abend berichtete, teilte Hans-Jürgen Abromeit nun in einer Erklärung mit, ihm liege es fern, die aus der deutschen Schuld und der christlichen Mitschuld gewachsene Verantwortung für die Sicherheit der Bürger Israels oder das Existenzrecht Israels infrage zu stellen: „Ich tue das in meinem Vortrag und auch sonst mit keinem Wort.“ Es sei ihm im Rahmen einer persönlichen Darstellung darum gegangen, angesichts einer seit Jahrzehnten festgefahrenen Situation im Israel-Palästina-Friedensprozess suchend danach zu fragen, ob es in der Bibel Impulse gebe, die Bewegung ermöglichen könnten: „Ich finde sie in der Botschaft der Propheten und Jesu.“ Im Vortrag betone er vorsichtig tastend die immer noch aktuelle Friedensbotschaft Jesu, der gesagt habe: „Selig sind die Sanftmütigen, denn sie werden das Erdreich besitzen“ (Matthäus 5,5). Er wisse selbstverständlich, wie schwierig es sei, dieses Jesuswort in praktische Politik zu übersetzen: „Es sollte aber dennoch auch heute gehört werden.“
Er teilte außerdem mit: „Ich bedauere außerordentlich, dass offensichtlich einige der aus dem Zusammenhang meines Vortrages herausgenommenen Formulierungen Anlass zu Missverständnissen gegeben haben."

Stellungnahme Landesbischöfin

Indes distanzierten sich Abromeits Vorgesetze, Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt, und  sein Kollege im Sprengel Schleswig und Holstein, Bischof Gothart Magaard,  von dem umstrittenen Vortrag: „Es handelt sich bei dem Vortrag von Bischof Dr. Abromeit um seine persönliche Meinungsäußerung. Der Vortrag stellt keine Stellungnahme oder Positionsbeschreibung der Nordkirche dar“, teilten sie in einer Pressemitteilung wenige Minuten nach der Erklärung Abromeits mit.

Die Nordkirche widerspreche jeder Form von Antisemitismus und unterstütze „uneingeschränkt“ das Existenzrecht Israels und hoffe auf eine friedliche Lösung im Nahostkonflikt. „Die Nordkirche unterstützt dabei auch Organisationen und Initiativen, die sich für Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern einsetzen, wie zum Beispiel die Initiative ‚Parents Circle – Families Forum‘.“ Diese Positionen teile auch Bischof Abromeit.

Landesbischöfin Kühnbaum-Schmidt habe die Medienberichte über Abromeits Vortrag im Urlaub zur Kenntnis genommen: „Ich bin bestürzt und bedaure zutiefst, dass Ausführungen von Bischof Abromeit offenbar Anlass für Interpretationen gegeben haben, die die klare Haltung der Nordkirche gegen jede Form von Antisemitismus in Zweifel gezogen haben. Ich halte Begrifflichkeiten wie ‚Überidentifikation mit Israel‘ für völlig unangemessen.“

Den Vortrag zum Nachlesen finden Sie hier.

(red/idea/pro - Christliches Medienmagazin)

Autor:

Mirjam Petermann

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